Zitat des Monats
«Soll zunächst der 'Read'-Weg konsequent zu Ende gegangen werden, indem z.B. auch eine Aggregation von Wertschriften-Depots und Vorsorgegeldern ermöglicht wird, oder ist 'Write' im Sinne von Payment Initiation zu priorisieren? Eine klare Antwort des Finanzplatzes auf diese wesentliche Frage steht noch aus.»
Stephan Odermatt, Partner bei Acrea fasst in seinem Jahresausblick 2024 mögliche Entwicklungsschritte nach der Einführung von Multibanking in der Schweiz zusammen.
Open Banking aktuell
Open Banking 2024 – Was erwartet uns dieses Jahr?
Dass das Jahr 2024 nicht nur im Zeichen von Multibanking stehen wird, hat schon die SBVg in ihrer News von Ende Dezember angedeutet. Und auch Stephan Odermatt, Partner bei Acrea sagt in seinem Digital-Banking-Ausblick 2024 unter dem Motto «Open Finance: beyond Multibanking» voraus, dass die gemeinsame Banken-Initiative erst der Anfang einer viel grösseren Bewegung ist. Zwar werden sich mit dem Multibanking-Anwendungsfall eine Reihe weiterer wichtiger Banken über die bLink-Plattform an das Schweizer Ökosystem anschliessen und damit zu einer flächendeckenden und zukunftsweisenden API-Infrastruktur beitragen. Schon vor der Einführung erster Multibanking-Angebote stellt sich aber die Frage: Was kommt danach?
Wir schenken in unserem Ausblick folgenden drei Kernentwicklungen besondere Beachtung:
Privatkundendaten locken neue Kooperationspartner an und schärfen ein breites Verständnis für Open Banking
Zwar bewegen wir uns bereits seit der Lancierung der OpenWealth-Schnittstellen im Bereich von Privatkundendaten, die Öffnung von Privatkonten bzw. der Zugang zu deren Saldo- und Transaktionsdaten im Rahmen von Multibanking weitet den Anwendungsbereich und den involvierten Endkundenkreis noch einmal signifikant aus. Das dürfte ausserdem für neue Drittanbieter attraktiv sein, die basierend auf dem Zugang zu diesen Daten innovative Use Cases für gemeinsame Bankkundinnen und -kunden entwickeln – insbesondere, wenn man das in Kombination mit dem aktuellen KI-Hype und neuen kommerziellen Analysemöglichkeiten denkt. Natürlich bietet sich diese Option ebenso den Banken selbst. Dadurch könnte das bisher eher im Geschäftskundenbereich bekannte «Open Banking» erstmals auch für ein stärkeres öffentliches Interesse sorgen, da nicht mehr nur Unternehmen, sondern auch die Schweizer Bevölkerung (bewusst oder unbewusst) davon profitiert. Es besteht also viel Potenzial für eine positive Eigendynamik, die in diesem Jahr noch stärker zu spüren sein wird und die sich über die kommenden Jahre erst richtig entfaltet – mit Vorteilen für alle, die dazu beitragen.
Zugang zu Vorsorgedaten – Marktgetrieben oder doch nur mittels Regulation möglich?
Neben der Lancierung der Multibanking-Initiative im Frühling stand das Jahr 2023 gegen Herbst im Zeichen von «Open Pension». Der Fachverband Swiss Fintech Innovations (SFTI) lancierte die gleichnamige Initiative unter neuem Banner, davor waren bereits erste Bemühungen im Rahmen der «OpenPK»-Arbeitsgruppe im Gange. Ende Dezember veröffentlichten SFTI und Acrea die Resultate einer Umfrage unter relevanten Branchenvertretern, die relativ eindeutig darauf hinweisen, dass eine grosse Mehrheit den digitalen Zugang zu grundlegenden Vorsorgedaten (speziell der 2. Säule) als essenziell einstuft. Vorteile ergäben sich dadurch nicht nur für versicherte Endkunden und Datenkonsumenten, sondern auch für die Pensionskassen. Welche Vorteile das für die einzelnen Ökosystemteilnehmer sind, hat die Zürcher Kantonalbank übrigens kürzlich in einem lesenswerten Interview zusammengefasst.
Neben aktuellen Herausforderungen geben nur knapp 20 % der Datenanbieter an, ausgewählten Dritten bereits heute digitalen Zugriff auf Vorsorgedaten der 2. Säule zu gewähren. Fast ein Drittel würde dies jedoch auch nur im Rahmen einer gesetzlichen Verordnung anbieten. Über alle Umfrageteilnehmenden hinweg sind es sogar 38 %, deren Antwort auf die Notwendigkeit einer Regulierung hindeutet. Eine kleine Mehrheit sieht aber auch in der Vorsorge einen marktgetriebenen Ansatz als ausreichend. Kein klarer Konsensus herrscht ebenso bei der Frage, wer Zugang zu Vorsorgedaten erhalten soll: 41 % bevorzugen einen exklusiven Zugang durch regulierte Finanzdienstleister, 38 % sprechen sich für einen breiteren Zugang aus – natürlich unter der Voraussetzung, dass Datenkonsumenten auf entsprechende Sicherheitsanforderungen geprüft werden. Per Regulierung soll eine Umsetzung von Open Pension schätzungsweise am schnellsten möglich sein, fast die Hälfte der Umfrageteilnehmenden rechnet dabei mit einem Zeitraum von weniger als 5 Jahren, 37 % allerdings eher mit 6-10 Jahren. Bei einem marktgetriebenen Ansatz sieht die Mehrheit sogar einen Umsetzungszeitraum von über 10 Jahren.
Vor dem Hintergrund dieser Resultate eröffnet die Umfrage die berechtigte Frage, ob bestimmte Datenbereiche wie die Vorsorge nicht doch eines regulatorischen Ansatzes bedürfen. Jetzt starten aber erst einmal die umfassende Analyse und Interpretation der Resultate sowie die Identifikation möglicher strategischen Optionen durch SFTI und Acrea, die als Grundlage für weiterführende politische und branchengetriebene Diskussionen dienen sollen. Diese dürften etwas klarer beleuchten, welches der «richtige» Weg für Open Pension ist. Übrigens, hinsichtlich einer geeigneten Infrastruktur, die den Datenaustausch im Vorsorgebereich operativ ermöglichen soll, sind die Umfrageteilnehmenden bereits durchaus positiv gestimmt. Als Favoriten für eine mögliche Umsetzung werden am häufigsten die Datenaustauschplattform «BVG Exchange» der Stiftung Auffangeinrichtung BVG, eBVG/EASX und bLink von SIX genannt. Das stimmt optimistisch für eine effiziente und sichere Umsetzung, sobald über einen gängigen Kurs für die Vorsorge entschieden ist.
Geplantes Regulierungs-Update des Schweizer Bundesrates für 2024
Im Rahmen seiner Medienmitteilung hatte der Bundesrat Ende 2022 nicht nur eindeutige «Ziele für Open Finance in der Schweiz» definiert, sondern im gleichen Zug auch das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) damit beauftragt, ihm bis im Juni 2024 konkrete Massnahmen zu unterbreiten, sollte die momentane, marktgetriebene Entwicklung nicht zufriedenstellend sein. Sind Multibanking und Open Pension also bereits genug Fortschritt? Oder greift der Schweizer Staat schlussendlich doch aktiv in die Gestaltung von Open Finance ein? Inspiration aus dem Ausland gibt es aktuell genug: Grossbritannien hat im letzten Jahr mehrfach gezeigt, dass mandatiertes Open Banking – vor allem im Zahlungsbereich – auf breite Adaption stösst. Die EU weitet den Regulationsumfang mit ihrem FIDA-Entwurf bereits auf ein breites Finanzdatenspektrum über den Zahlungsbereich hinaus aus und die USA schwenkt mit ihrer Personal Financial Data Rights Rule von einem bisher marktgetriebenen auf einen Regulierungsansatz über.
Gerade letzteres dürfte für den Schweizer Markt ein interessantes Fallbeispiel darstellen. Denn die neuen vorgeschlagenen Open-Banking-Vorschriften des amerikanischen Consumer Financial Protection Bureau (CFPB) haben in der Branche einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Banken kritisieren, dass entscheidende Sicherheitsvorkehrungen fehlen, und fordert direkte Compliance-Anforderungen für Drittanbieter sowie klare Haftungsdefinitionen. Als Ausgleichsmassnahme und für die wirtschaftliche Tragfähigkeit des neuen Ökosystems sollen Anbieter von Schnittstellen ausserdem Gebühren gegenüber Datenkonsumenten erheben können. Das Fintech-Lager begrüsst (wie erwartet) den neuen Regulierungsvorschlag mit einigen wenigen Anpassungsvorschlägen, kritisiert aber seinerseits, dass die Bedingungen der Bankenseite Innovation und Wachstum entscheidend hemmen würden. Der USA-Krimi ist in vollem Gange. Ob die Schweiz einen ähnlichen Weg einschlagen will bzw. muss, steht noch in den Sternen. Erst letzte Woche am 24. Januar luden die Behörden verschiedene Vertreter aus der Finanzbranche zum Workshop nach Bern, um sich über den Fortschritt von Open Finance in der Schweiz auszutauschen. Jetzt gilt es, die Einschätzung und die nächsten Schritte des Bundesrats und relevanter Departemente bis spätestens Juni abzuwarten.
Weiter in den News
Die steigende Relevanz von Open Banking spiegelt sich zunehmend in den Karriereprofilen bei teilnehmenden Schweizer Banken wider. Das zeigen u.a. auch die kürzlich erschienenen Artikel «Arbeiten im Open Banking Team» Artikel (DE) und «Open Banking – wie es bei der Vorsorge nutzt» der ZKB. Interview(DE)
Die Resultate der neuen «Open Pension»-Umfrage von Acrea und Swiss Fintech Innovations (SFTI) unterstreichen die zentrale Bedeutung und ein kollektives Interesse an der Gestaltung eines offenen Datenaustauschs in der Vorsorge. Studie (EN)
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Use Case des Monats
«Financial Wellness» als strategisches Kundenangebot für Nicht-Banken?
In einem strategischen Schritt zur Stärkung der finanziellen Wohlfahrt seiner Kundinnen und Kunden hat VOXI, eine angesagte Mobilnetzwerk-Anbieterin speziell für junge Menschen, eine neue Kooperation mit der innovativen britischen Fintech-Plattform Moneyhub angekündigt. Mit dem Ziel, finanzielle Sorgen und Unsicherheiten im Rahmen der aktuellen Wirtschaftslage zu adressieren, integriert VOXI die umfangreiche Finanzmanagement-App von Moneyhub in sein Serviceangebot. Darin kann die VOXI-Kundschaft via Open Banking diverse Bankkonten konsolidieren, ihr Konsumverhalten analysieren, Sparziele festlegen und gleichzeitig auf verschiedene Bildungsressourcen zurückgreifen, um ihre Finanzen proaktiv und nachhaltig zu verwalten. Die Partnerschaft ist Teil eines breiteren Engagements von Vodafone, der Muttergesellschaft von VOXI, das die britische Bevölkerung mit verschiedenen Initiativen während der aktuellen «Cost of Living Crisis» unterstützen will. Für die ersten zwölf Monate ist das Angebot entsprechend gratis. Sowohl für VOXI als auch Moneyhub ist die Partnerschaft jedoch vor allem auch ein cleverer Schachzug, der neben Kundenloyalität auch neue Vertriebskanäle, Embedded-Finance-Angebotsmöglichkeiten und langfristig zusätzliche Ertragsquellen eröffnet.
Noch interessanter – insbesondere für andere mögliche Kooperationspartner – dürfte die App von Moneyhub werden, sobald diese Zugang zu Vorsorgedaten im Rahmen des aktuellen «Pension Dashboard Programms (PDP)» (siehe Mai-Newsletter) erhält. Im Dezember erhielt Moneyhub von der britischen Finanzaufsicht FCA ausserdem die Genehmigung, Open-Finance-basierte «Credit Information Services (CIS)» anzubieten. Damit ist das Fintech befähigt, Kreditdaten von Personen, einschliesslich ihrer Kreditwürdigkeit, über seine Plattform abzurufen und in seiner App anzuzeigen. Gemäss Moneyhub ist das Angebot das Resultat einer Umfrage unter ihrer Kundschaft, gemäss der über 80 % der Teilnehmenden daran interessiert waren, ihr Kredit-Profil als Teil ihrer allgemeinen finanziellen Situation besser zu verstehen und in ihr Finanzmanagement zu integrieren. In der Doppelrolle als Datenaggregator und App-Anbieter positioniert sich Moneyhub damit extrem stark im britischen Open-Banking-Ökosystem – entsprechend werden wir in naher Zukunft einige weitere interessante Kooperationen beobachten können.
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Einladung zur SFI Master Class – Banken im Wandel: Analog, Digital, Offen
Das Bankgeschäft ist in verschiedenen Dimensionen anspruchsvoll. Zum einen ist es externen Faktoren, wie geopolitischen, ökonomischen, regulatorischen oder gesellschaftlichen Strömungen ausgesetzt. Zum anderen steht die Finanzindustrie selber mit der fortschreitenden Digitalisierung in einem fundamentalen Transformationsprozess, der etablierte Geschäftsmodelle infrage stellt. So umfasst die digitale Ausrichtung einer Bank heute weit mehr als die Automation von Prozessen. Sie ist vielmehr Ausgangspunkt für neue Formen der Kundeninteraktion, beispielsweise durch die Etablierung eigener oder durch die Kooperation mit fremden Ökosystemen. Diese teilweise fundamentalen Veränderungen stellen die Finanzindustrie als Ganzes vor existenzielle Fragestellungen. Wie müssen herkömmliche Geschäftsmodelle neu gedacht werden? Inwiefern stellen Fintechs und Bigtechs eine Bedrohung für traditionelle Banken dar? Welche Implikationen hat die Öffnung der Kundenschnittstelle (Stichwort API-Ökonomie) auf die eigene Wertschöpfungskette? Wie kann die eigene Kundenbasis über die gezielte Zusammenarbeit mit Fintechs verbreitert werden?
Im Rahmen der neuen SFI Master Class «Banken im Wandel: Analog, Digital, Offen» analysieren Prof. Andreas Fuster, SFI Senior Chair an der EPFL, und Mike Hofmann, Head Sales & Business Development von bLink, die Erfolgsfaktoren von zukunftsfähigen Geschäftsmodellen im Kontext der Entwicklung von Banken von «analog» zu «digital» und «offen».
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Mit besten Grüssen,
euer bLink Team
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