Zitat des Monats
«Der Bundesrat will Open Finance voranbringen.»
Headline aus der offiziellen Medienmitteilung des Bundesrats, der sich aktiv mit der Entwicklung von Open Finance in der Schweiz befasst.
Open Banking aktuell
Können Banken mit Open Banking Geld verdienen?
Für viele Finanzinstitute war oder ist die gesetzlich verordnete Öffnung gegenüber Dritten im Zeichen von Open Banking eine Bürde mit einseitigen Vorteilen für Fintechs. Denn regulatorische Massnahmen sollen in erster Linie der Förderung von Wettbewerb und Innovation im Finanzsektor dienen, sprich neuen Anbietern einfacheren Zugang zum Markt verschaffen – natürlich immer Zugunsten der Endverbraucherinnen und -verbraucher. Für Finanzinstitute bedeutet das neben substanziellen Compliance-Aufwänden und der Angst vor dem Verlust der Kundenschnittstelle vor allem auch eine technologische Herausforderung. Das sind legitime Kritikpunkte. Wir beobachten aber sowohl im marktgetriebenen Umfeld wie in den USA oder in Asien als auch in regulierten Märkten wie der EU und Grossbritannien mit zunehmender Nutzung und Maturität von APIs ein Umdenken auf Seiten der Banken. Erste Vorreiterinnen wie Deutsche Bank, ING oder JP Morgan Chase und viele weitere haben damit begonnen, Schnittstellen anzubieten, die über den klassischen, mandatierten Bereich des Zahlungsverkehrs hinaus gehen.
Beispiel: API Portfolio der Deutschen Bank. Quelle: Deutsche Bank
Diese Banken betrachten Schnittstellen nicht aus einer rein technologischen Perspektive, sondern als festen Bestandteil ihres Geschäftsmodells. Matthias Biehl, früher verantwortlich für den Bereich API Banking & Ecosystem Platform bei der UBS betonte kürzlich in einem Podcast, dass man sich dabei in erster Linie überlegen müsse, wie APIs als neuer strategischer Geschäftszweig auch wirklich gewinnbringend eingesetzt werden können. Zwar geht es in besagtem Podcast mit Insurance Monday um Versicherer, die Grundüberlegung für Banken ist aber dieselbe. Die Frage, die folglich im Raum steht, lautet: Wie monetarisieren Banken ihre Schnittstellen? APIs lassen sich vielseitig einsetzen und dementsprechend kann die Wertgenerierung unterschiedliche Formen annehmen.
Der Think-Tank «Mobey Forum» hat in Zusammenarbeit mit führenden internationalen Open-Banking-Experten einen ausgezeichneten neuen Report veröffentlicht, der verschiedene Best Practices der API-Monetarisierung aufzeigt. Die offensichtlichste Variante stellt die direkte Monetarisierung von sogenannten Premium APIs dar, die über den mandatierten Zahlungsbereich hinaus gehen (vgl. Beispiel Deutsche Bank). Monetarisierbare Aspekte sind dabei deren Performance, Stabilität und Informationsumfang. Je höher zudem die Marktabdeckung in Bezug auf die angebotenen Daten ist, desto attraktiver wird die Schnittstelle für Datenkonsumenten. Kollaborationen mit anderen Finanzinstituten und Datenquellen dürften deshalb ein interessanter Multiplikator für die Monetarisierung von APIs sein. Hat sich eine Bank initial für ein API-Portfolio (mögliche API-Typen werden im Report ebenfalls aufgelistet) bzw. eine API-Strategie entschieden, bestehen verschiedene kommerzielle Optionen:
Kommerzielle Optionen von API-Angeboten. Quelle: Mobey Forum Report 2022
Interessant und wichtig zu erwähnen ist, dass neben Premium APIs auch für mandatierte Schnittstellen im Zahlungsbereich durchaus Potenzial für Monetarisierung besteht, indem Banken über diese APIs neue Produkte und Features anbieten. Beispiele hierfür sind die Kategorisierung von Kontodaten oder deren Anreicherung mit zusätzlichen Informationen (wie z.B. CO2-Werte auf Transaktionsdaten). Schnittstellen können aber – wie rechts aussen in der Grafik abgebildet – auch indirekt monetarisiert werden. Die UBS bietet bereits heute eine Call Back API an, die es Websiten und Portalen von Dritten erlaubt, ihren Kunden direkt ein Beratungsgespräch mit einem UBS-Experten zu vermitteln. So können via API neue Geschäftsabschlüsse, z.B. für Hypotheken, gefördert werden. Von internen Anwendungsfällen für Kosteneinsparungen, über Embedded Finance als neuer Verkaufskanal bis zu qualitativ hochwertigen Premium APIs: Die Möglichkeiten, Schnittstellen zu monetarisieren, sind vielfältig. Aber wo anfangen? Auch hier bietet der Report mit einem «Opportunity Identification Framework» eine gute erste Hilfestellung, mit der Banken passende Anwendungsbereiche und Möglichkeiten eigener API-Angebote identifizieren können.
Die Fragestellung, ob und wie Finanzinstitute über regulatorische Vorgaben hinaus von Open Banking profitieren können, ist zentral für die erfolgreiche Etablierung eines entsprechenden Ökosystems. Dan Globerson, Head Open Banking bei der britischen Bank NatWest erklärte kürzlich in einem Interview, dass der Regulator in der UK deshalb inzwischen aktiv darum bemüht ist, im Gespräch mit Banken die richtigen Anreize zu schaffen. Noch befinden wir uns hier am Anfang. Noch steht im Kontext regulatorischer Initiativen in erster Linie der Kundennutzen und das Schlagwort «Innovation» im Zentrum. Immer mehr werden wir allerdings Beispiele von Banken sehen, die in einer digital vernetzten Wirtschaft auf neue API-basierte Strategien und Einnahmequellen setzen. Ob incentiviert durch Monetarisierung oder aus anderen Gründen: Spätestens wenn wir uns im Bereich Open Data bewegen, und Banken auch in der Rolle des Datenkonsumenten Dienstleistungen erbringen, zahlt sich die initiale Investition in Open Banking zusätzlich aus. Davon ist auch Dan Globerson von NatWest überzeugt: «The investment in Open Banking was quite substantial [but] leveraging that foundation has enabled us to really focus on the future, on an emerging digital economy and relevant services.»
Weiter in den News
Der Bundesrat erklärte kürzlich in einer offiziellen Medienmitteilung, wie er das Thema Open Finance voranbringen will. Im Mittelpunkt: Gemeinsame Standards, die Öffnung von Schnittstellen und eine skalierbare Lösung für den Zugang von Drittanbietern. Medienmitteilung (DE)
«Nur ein gemeinsamer Weg führt zum Erfolg». Roger Wisler, Leiter Open Banking bei der ZKB erklärt im Rück- und Ausblick mit Swiss Banking, was dieses Jahr im Bereich Open Finance in der Schweiz gelaufen ist und was noch kommt. Interview (DE)
Von «institutionellem» zu «infrastrukturellem» Vertrauen: In einer Open-Data-Welt könnten Banken zum Datenhüter für ihre Kundinnen und Kunden werden. Denn der Austausch von Daten ist ein zweiseitiger Markt. Interview (DE)
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Use Case des Monats
Yapily und Certua: Mehr Leben, weniger Versicherung
Versichern in unsicheren Zeiten? Damit wirbt aktuell die britische Open-Banking-Plattform Yapily in Zusammenarbeit mit der Embedded-Insurance-Anbieterin Certua. Ihr gemeinsames Ziel: Sie wollen den Antragprozess und die Verwaltung von Lebensversicherungen wesentlich einfacher, schneller und günstiger gestalten – ein Markt, der in Grossbritannien Aufholbedarf zu haben scheint. Via API von Yapily kann Certua neu auf aktuelle Kontoinformationen wie z.B. jährliche Einnahmen und Ausgaben einer antragstellenden Person zugreifen. Auf dieser Basis lassen sich in wenigen Minuten und ohne aufwändige Datenbeschaffung präzise, individualisierte Versicherungsangebote berechnen. Die antragstellende Person verbindet ihre Konten für die Freigabe ihrer Daten dabei eigenständig und in wenigen Sekunden mit der Applikation des Versicherers. Die Verbindung besteht so lange, wie die Kunden ihr Einverständnis geben. Das ermöglicht Certua, die individuellen Versicherungsbedürfnisse einer Person regelmässig zu beobachten und zu bewerten. Statt unflexibler Produkte mit festen Laufzeiten können Versicherer ihren Kunden somit einen variablen Versicherungsschutz anbieten, der sich laufend an neue Lebensumstände anpasst und Über- bzw. Unterversicherungen verhindert.
Fleissigen Leserinnen und Lesern unseres Newsletters dürfte das Ganze ziemlich bekannt vorkommen. In der September-Ausgabe von Open Banking Monthly hatten wir nämlich einen ähnlichen Service von Tink vorgestellt, der den Antragsprozess für Kredite vereinfacht und im Grundsatz die gleichen Vorteile aufweist. Für uns ein tolles Beispiel dafür, dass über eine einzige Schnittstelle unzählige Anwendungsfälle möglich und ausserdem branchenübergreifend kombinierbar sind.
«bLink» Dich ein
bLink verdoppelt Teilnehmerzahl per 2023
Mit bLink wollen wir aktiv zu einer erfolgreichen Entwicklung und Umsetzung von Open Banking in der Schweiz beitragen. Die Überzeugung, dass die Öffnung des Finanzplatzes eine wichtige strategische Notwendigkeit ist und, dass es dafür Standardisierung sowie eine skalierbare Infrastruktur benötigt, hat sich insbesondere in diesem Jahr noch einmal klar bestätigt. Der Bundesrat erklärte Open Finance offiziell zur Priorität, im Februar als zentrales Handlungsfeld in seinem Bericht «Digital Finance 2022+» und jetzt kurz vor Jahresende erneut mit einer offiziellen Medienmitteilung. Er hält dabei vorerst am marktgetriebenen Ansatz fest und vertraut somit weiterhin in die Eigendynamik des Finanzplatzes, der mit Standardisierungsinitiativen wie Swiss Fintech Innovations (SFTI) und der OpenWealth Association erfolgsversprechend aufgestellt ist.
Vertrauen ist auch das Stichwort, das das Jahr von bLink treffend zusammenfasst. Gemeinsam mit Schweizer Finanzinstituten, deren IT-Partnerinnen und verschiedenen Fintechs haben wir die Plattform weiter in Richtung Skalierbarkeit optimiert. Das Resultat spricht für sich: Gemäss aktuell laufender Anbindungsprojekte wird sich die Teilnehmerzahl auf bLink im Verlauf von 2023 mindestens verdoppeln. Über zehn Finanzinstitute und rund zwanzig Fintechs lassen sich damit ab nächstem Jahr effizient und sicher über die Plattform anbinden. Ein positives Zeichen und gleichzeitig Bestätigung dafür, dass die Voraussetzungen für einen funktionierenden marktgetriebenen Ansatz in der Schweiz bereits geschaffen sind.
Für unsere Leserinnen und Leser bedeutet das: Stay tuned! Wir freuen uns darauf, mit euch in ein aufregendes neues Jahr zu starten und euch unsere neusten bLink-Mitglieder vorzustellen – mit spannenden Gastbeiträgen inklusive.
Du möchtest den Newsletter verbessern oder etwas beisteuern? Wir werden «Open Banking Monthly» mit deinem Input optimieren und dir den Mehrwert bieten, den du brauchst. Schreib uns deine Ideen an blink@six-group.com.
Mit besten Grüssen,
euer bLink Team
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