Oliver Heusser, Alain Picard: Sie gehören zu den «Gründungsvätern» der Sponsored Funds. Warum wurde 2013 ein solches Segment lanciert?
Alain Picard (AP): Die Lancierung des Segments erfolgte damals im Rahmen der «Over the Exchange Initiative» von SIX Swiss Exchange, mit der neue attraktive Börsendienstleistungen angeboten wurden mit dem Ziel mehr Finanzinstrumente über die Börse handeln zu können. Im Vergleich zum ausserbörslichen Handel – «Over the Counter» oder kurz «OTC» – bringt der Handel über die Börse viele Vorteile mit sich, wie Gleichbehandlung, Sicherheit und Transparenz.
Oliver Heusser (OH): Hinzu kommen Liquidität und Ausführungsgeschwindigkeit. Vor 2013 waren Anleger beim Kauf und Verkauf ihrer Fondsanteile insofern benachteiligt, als durch Annahmefristen verzögerte Auftragsausführungen und nachträglich stattfindende NAV-Berechnungen bei starken Marktschwankungen ein Verlustrisiko darstellten. Der Sekundärhandel in Fonds wurde mit dem börslichen Handel zudem für jedermann zugänglich.
Sponsored Funds sind also jederzeit handelbar?
OH: Das ist richtig. Im Segment für Sponsored Funds stellt ein Market Maker kontinuierlich Preise, sodass Kauf- oder Verkaufsaufträge im Laufe eines Börsentages jederzeit erteilt werden können. Mit börsengehandelten Sponsored Funds können Anleger schnell auf veränderte Marktbedingungen reagieren und ihr Portfolio bei Bedarf rasch und unkompliziert umschichten. Dank der unmittelbaren Ausführung wissen sie sofort, welchen Preis sie erzielen. Die Auftragserteilung kann mit einer Limite erfolgen, wie man es sich bei Aktien und anderen Finanzprodukten gewohnt ist.
AP: Fondsanlegern bieten Sponsored Funds ganz neue Möglichkeiten. Wir als Börse sind stets bestrebt, den Marktteilnehmern mehr Auswahl zu bieten – sei das, indem wir Emittenten bei der Lancierung und dem Vertrieb innovativer neuer Anlageprodukte unterstützen, unseren Börsenteilnehmern innovative Dienstleistungen zur Verfügung stellen oder indem wir den Investoren zusätzliche Möglichkeiten zur Diversifikation ihres Portfolios bieten.
Wie verlief der Start des neuen Segments?
OH: Die Bank Julius Bär war erster Sponsor und Market Maker. Wir haben 2013 über 250 Produkte von rund 60 Anbietern handelbar gemacht. In den ersten zwölf Monaten wurde ein Umsatz von CHF 245 Mio. erzielt und es wurden 2‘188 Transaktionen getätigt. Im Jahr 2020 gab es mit 12‘374 Abschlüssen in Sponsored Funds einen Rekord, der 47% über dem Vorjahreswert lag, und 2021 resultierte mit 11‘249 Abschlüssen ein Umsatz von fast CHF 1,3 Mrd. Im schwierigen Börsenjahr 2022 haben sich die Abschlüsse bei 11’746 sowie einem Umsatz von CHF 890 Mio. eingependelt. Für das laufende Jahr erwarten wir wie für andere börsengehandelte Assets eine Fortsetzung des Aufwärtstrends. Dies zeigt, dass das Segment weiteres Potenzial bietet.
AP: Gegenüber Strukturierten Produkten und ETFs sind die Sponsored Funds noch ein vergleichsweise «junges» Segment, aber wir sind durchaus der Meinung, dass wir mit der Lancierung den Grundstein für weiteres Wachstum im Bereich der traditionellen Anlagefonds gelegt haben. Und die Anleger haben eine zusätzliche attraktive Möglichkeit, um traditionelle Anlagefonds zu kaufen bzw. verkaufen – dies unterstreicht nicht zuletzt die Innovationsfähigkeit des Schweizer Finanzplatzes.
Werden Anlagefonds nicht primär für den langfristigen Vermögensaufbau eingesetzt?
OH: Die Anforderungen der Anleger haben sich über die Zeit verändert. Insbesondere institutionelle Investoren sehen sich vermehrt mit der Herausforderung konfrontiert, rasch auf Marktveränderungen reagieren und Umschichtungen des Portfolios vornehmen zu müssen – beispielsweise von traditionellen Anlagefonds in ETFs oder in andere Finanzprodukte. Gerade bei diesen Umschichtungen profitieren sie vom Sekundärhandel der Anlagefonds, da die Ausführung nun auf gleichem Marktniveau stattfindet und sie keine negativen Einflüsse auf die Performance ihres Portfolios mehr befürchten müssen.
AP: Sowohl für Julius Bär als auch für die Schweizer Börse steht das Kundenbedürfnis im Fokus, d.h. neue Produkte werden nur lanciert, wenn eine Nachfrage vorhanden ist. Im Mai 2023 wurde erstmals die 700er-Marke überschritten, das heisst es sind aktuell – auch dank dem zweiten Sponsor, der Helvetischen Bank – 702 Produkte von 95 verschiedenen, renommierten Anbietern an der Börse handelbar. Grosse Handelsvolumen sehen wir vorwiegend in volatilen Zeiten, wenn Investoren rasch auf Markteinflüsse reagieren wollen.
Was wünschen Sie dem Segment für die nächsten 10 Jahre?
OH: Ich würde mir wünschen, dass die Vorteile von Sponsored Funds – die Auswahl, die Handelbarkeit, die Sicherheit und Transparenz – von noch mehr Anlegern erkannt und genutzt werden. Auf jeden Fall werden wir das Produktangebot weiter ausbauen. Bereits heute erstreckt sich die Auswahl auf verschiedenste Anlageklassen, Länder, Regionen, Sektoren, Themen und Strategien. Doch es gibt noch Raum für Neues. Und vielleicht wird eines Tages sogar jeder Aktienfonds an der Börse handelbar sein.
AP: Das Feiern der 10-jährigen Erfolgsgeschichte von Sponsored Funds an der Schweizer Börse ist für uns eine Gelegenheit, den beiden Sponsoren sowie den Handelsteilnehmern und Investoren im Segment zu danken. Auch in Zukunft werden wir eng mit allen Finanzplatzakteuren zusammenarbeiten, um einen diversifizierten, wettbewerbsfähigen und dennoch regulierten Markt zu schaffen, wo Anleger interessante Produkte handeln können.
Herr Heusser, Herr Picard: Vielen Dank für das Gespräch und herzlichen Glückwunsch zum Jubiläum!
10 Jahre mal 10 gleich 100 neue Anlagefonds
Anlässlich des Jubiläums kotiert Julius Bär 10x10, total 100 neue Sponsored Funds von verschiedenen, namhaften Anbietern zu aktuellen Anlagethemen wie Sustainability, Asien, Rohstoffe und Technologie. Diese sind ab sofort über die Schweizer Börse handelbar. Entdecken Sie die neuen Sponsored Funds hier.