Trotz der vielen einzigartigen Vorteile, welche die Schweiz als Kotierungsort bietet, haben sich in den letzten Jahren immer wieder Unternehmen für eine Kotierung im Ausland entschieden und nehmen dabei bewusst mehr Aufwand, höhere Kosten und Risiken in Kauf. Neben der zu erzielenden Bewertung beim IPO dürfen andere wichtige Aspekte nicht ausser Acht gelassen werden und es empfiehlt sich, gründlich zu prüfen, wo ein langfristiger, nachhaltiger Shareholder Value erzielt werden kann und gleichzeitig sichergestellt ist, dass die Anforderungen, die Investoren und Regulierungsbehörden an ein börsenkotiertes Unternehmen stellen, bestmöglich erfüllt werden können.
Kosten und Risiken sprechen für die Schweiz
Während eine Kotierung an einer ausländischen Börse und die damit verbundene Abhängigkeit von mehreren Rechtsordnungen grundsätzlich mit hohen Kosten und rechtlichen Herausforderungen verbunden ist, stellt eine Kotierung in den USA eine besondere Hürde dar.
Im Vergleich zu einem IPO in der Schweiz ist ein Börsengang in den USA in der Regel mit zusätzlichen Kosten verbunden. Der Unterschied kann erheblich sein, insbesondere für kleine Unternehmen. Die Zeichnungsgebühren sind in der Regel höher, und auch die Kosten für die Rechts- und Steuerberatung fallen deutlich höher aus, da ein Unternehmen sowohl eine schweizerische als auch eine US-amerikanische Anwaltskanzlei beauftragen muss (auch für die Konsortialbanken, sodass mindestens vier Anwaltskanzleien beteiligt sind). Hinzu kommt, dass die Unternehmen eine Registrierungserklärung bei der SEC (Securities and Exchange Commission) einreichen müssen, ein notorisch ressourcen- und zeitaufwändiges Unterfangen, und ebenso aufwändig sind die Offenlegungspflichten. In der Schweiz hingegen profitieren die Unternehmen dank der im Schweizer Finanzmarktrecht verankerten Selbstregulierung des Finanzmarkts von einem effizienten Kotierungsverfahren.
Ausserdem birgt ein Börsengang in den USA erhebliche Risiken. Zwar verändert ein IPO immer das Risikoprofil eines Unternehmens, da er die Aufmerksamkeit von Regulierungsbehörden, potenziellen Klägeranwälten und der Öffentlichkeit auf sich zieht, doch ist das regulatorische und rechtliche Umfeld in den USA besonders heikel. Zwischen 2010 und 2019 waren 14 % aller US-Börsengänge Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten1, wobei das Risiko einer Prospekthaftungsklage besonders hoch ist, während die Kläger nach Schweizer Recht wesentlich höhere Anforderungen erfüllen müssen, um erfolgreich zu sein. Aus diesem Grund müssen Unternehmen bei einer US-Kotierung in der Regel eine Directors' and Officers' (D&O)-Versicherung abschliessen, die teuer ist und die Gewinn- und Verlustrechnung belasten kann.
Ausserdem kann eine US-Kotierung eines Unternehmens mit Sitz in der Schweiz weitreichende Folgen für den Übernahmeschutz haben. In solchen Fällen gelten weder schweizerische noch US-amerikanische Übernahmeregeln, was die Unternehmen anfällig für ungewollte Übernahmen macht.
Angesichts dieser Auswirkungen auf Risiko und Kosten sollten Schweizer Unternehmen überdenken, ob eine Kotierung in den USA sinnvoll ist, zumal es ihnen möglich ist, durch ein Rule 144A-Angebot im Rahmen ihrer IPOs an SIX Swiss Exchange Zugang zu US-Investoren zu erhalten (zusätzlich zu liquiditätsstarken inländischen Investoren).
Verbessern Sie Ihre Präsenz
Zwar ist der Schweizer Aktienmarkt kleiner als der US-amerikanische, doch das hat auch Vorteile. Mit durchschnittlich 230 IPOs2 in den USA pro Jahr in den letzten fünf Jahren und mehreren tausend kotierten Unternehmen ist die Zahl der kotierten Unternehmen und der spezialisierten Analysten in den USA viel höher als in der Schweiz. Die Kehrseite der Medaille ist jedoch, dass die Unternehmen leichter übersehen werden. SIX Swiss Exchange adressiert dieses Problem mit Sparks, dem speziellen Aktiensegment für KMU, und mit Zusatzangeboten, wie zum Beispiel Stage und Bridge.
Überlegen Sie sorgfältig, wo Sie an die Börse gehen
Die Wahl des Kotierungsortes ist in erster Linie eine strategische Entscheidung. Eine Kotierung an SIX Swiss Exchange bietet umfassende Vorteile, darunter ein unternehmensfreundlicheres rechtliches Umfeld, einen effizienten Kotierungsprozess, eine hohe Sichtbarkeit und ständige Aufmerksamkeit von Investoren und Medien sowie Zugang zu umfangreichen Kapitalpools und langfristigen institutionellen Anlegern in der Schweiz und in den USA.
Lesen Sie hier die vollständige Fallstudie von Homburger und SIX Swiss Exchange.
1 Stanford Law School & Stanford Securities Litigation Analytics (2021). IPO Litigation Risk. In the D&O Diary.
2 IPOs an der NASDAQ und der NYSE von 2017–2021