Herr Hunziker, welche Bedeutung hat die neue Mikrowellen-Verbindung, die vor kurzem in Betrieb genommen wurde?
Die Fertigstellung dieser neuen Route ist eine beachtliche Leistung. Wir sind sehr stolz darauf, dass dies trotz der Turbulenzen um Covid-19 möglich war, zumal die Verbindung sich über fünf europäische Länder erstreckt. Durch den Ausbau des europäischen Mikrowellennetzwerks von SIX mit der neuen Verbindung zwischen London und Stockholm wollen die Schweizer Börse und Nasdaq die Märkte effizienter gestalten und den Kunden schnellere und sicherere Transaktionen ermöglichen sowie den gleichberechtigten Zugang zu modernster Technologie für die Übermittlung von Marktdaten fördern – wovon letztendlich alle Marktteilnehmer profitieren.
Worum geht es bei der Zusammenarbeit mit Nasdaq, und wer ist sonst noch involviert?
Wie im April angekündigt, wird die Partnerschaft zwischen SIX und Nasdaq über das schwedische Gemeinschaftsunternehmen RF Nordic Express AB («RFNE») betrieben. Die Beteiligung an RFNE von SIX erfolgt via ihre in Zürich ansässige Tochtergesellschaft 12H AG («12H»), deren Mehrheit sie Anfang dieses Jahres erworben hat. Seit der Gründung nutzte RFNE das Mikrowellen-Know-how von 12H und baute die neue Verbindung mit niedriger Latenz zwischen London und Stockholm auf. Die Erfahrung von 12H beim Aufbau und Betrieb von entsprechenden Netzwerken ist ein Kernelement für die Demokratisierung des Zugangs zur Schweizer Börse mit niedriger Latenz. Bereits vor der Einführung der neuen Route war unser Mikrowellennetz das grösste in Europa, das unseren Handelsteilnehmern einen fairen und gleichberechtigten Zugang zur Marktdatenübertragung mit niedriger Latenz von Zürich nach London, Frankfurt und Mailand sowie von Mailand nach Frankfurt und London bietet.
Welche strategischen Überlegungen sprachen für die Investition in den Ausbau des Mikrowellennetzes?
Die Schweizer Börse hat eine lange Tradition, nicht nur die Stabilität und Verfügbarkeit unserer Handelsinfrastruktur zu gewährleisten, sondern auch allen unseren Teilnehmern modernste Handelstechnologie zugänglich zu machen, indem wir Partnerschaften mit führenden Anbietern eingehen. Um die Zukunft des Handels aktiv zu gestalten, wollen wir immer die fortschrittlichste Technologie innerhalb unserer einzigartigen Marktstruktur anbieten. So schaffen wir die bestmöglichen Handelsbedingungen für Schweizer Wertpapiere und stärken unsere Position als deren Referenzmarkt – und unterstreichen dabei den innovativen Charakter der Schweizer Börse. Die Mikrowellentechnologie ermöglicht die schnellste Übertragung von Marktdaten zwischen den Handelsplätzen. So können Handelsteilnehmer der Schweizer Börse schneller Kursbewegungen erkennen und Investitionsentscheide umsetzen. Dadurch werden Risiken effizienter gemanagt, was sowohl den Teilnehmern als auch den Endanlegern zugute kommt. Denn von besserer Liquidität und engeren Spreads profitieren alle, die Schweizer Wertpapiere an der Schweizer Börse handeln.
Wie funktioniert dies aus technischer und operationeller Sicht?
Unsere Mikrowellen-Infrastruktur in Europa ermöglicht es unseren Kunden, Daten statt über Glasfaserkabel auf dem Luftweg zu senden. Dadurch werden die Signale mit Lichtgeschwindigkeit übertragen und auf möglichst direktem Weg weitergeleitet. Dieser Geschwindigkeitsvorteil ist mit einem hohen Grad an Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit verbunden. Zu diesem Zweck werden Punkt-zu-Punkt-Verbindungen zwischen den Handelsplattformen der jeweiligen Börsen entworfen, gebaut und betrieben. Entlang der idealen Luftlinie werden die Datensignale durch Satellitenschüsseln auf Türmen verstärkt. Jeder Vorteil hat jedoch eine Kehrseite: in diesem Fall die Kapazität, d.h. die begrenzte verfügbare Bandbreite pro Route.
Was sind die nächsten Schritte für das Mikrowellen-Netzwerk, in diesem und den folgenden Jahren?
Wie bereits erwähnt, beabsichtigen wir einen weiteren Ausbau unseres Netzwerks, um fairen und gleichberechtigten Zugang zu Marktdaten mit tiefer Latenz weiter zu demokratisieren. Deshalb prüfen wir, wie wir unsere europäische Präsenz ausbauen und die Dienste auch anderen Börsen und Marktteilnehmern anbieten können. Dazu gehört auch die Planung, wie BME, die von SIX übernommene spanische Finanzmarktinfrastrukturgruppe, an unser Mikrowellennetz angeschlossen werden kann. Zudem arbeiten wir kontinuierlich an der Verbesserung der bestehenden Routen und setzen auf die beste verfügbare Technologie, um marktführende niedrige Latenzzeiten und höchste Verfügbarkeit zu erreichen. Im Jahr 2020 beinhaltet dies signifikante Upgrades unserer Route London-Zürich, um bereit zu sein, falls der Brexit dazu führt, dass Schweizer Aktien auch wieder an den in London ansässigen MTFs gehandelt werden.
Die Partnerschaft mit Nasdaq wurde von SIX im April 2020 angekündigt. Bereits im Mai 2018 verkündete SIX, dass die Schweizer Börse als erste eine internationale Mikrowellen-Verbindung in Europa lanciert. Weitere Details des Mikrowellen-Netzwerks von SIX sind auf der kürzlich neulancierten Website der Schweizer Börse verfügbar. Sie bietet zudem auch umfassende Informationen über ihre attraktiven Handelssegmente, ihre führende Handelstechnologie sowie zahlreiche weitere Gründe für eine Teilnehmerschaft.
Ein kürzlich von Voice of FinTech aufgezeichneter Podcast (auf Englisch) behandelt das Schweizer und globale Fintech-Ökosystem und konzentriert sich auf die gesamteuropäische Konnektivität durch Mikrowellennetze. Gregor Braun, Head Sales Schweiz & Europa für Aktien und ETFs bei SIX, und Reinier Boeschoten, Vorstandsmitglied bei 12H, sprechen zusammen mit Henrik Husman, Präsident Nasdaq Helsinki, VP, Head of European Cash Equities Nasdaq, über die strategischen Gründe für die Übernahme der Mehrheitsbeteiligung von SIX an 12H Anfang dieses Jahres sowie über die Vorteile der dreiseitigen Partnerschaft zwischen SIX, Nasdaq und 12H für ihre Partner und Kunden. Hier zuhören.