«Papierlos, digital, automatisiert» – diese drei Begriffe zeichnen kundenorientierte Prozesse im Zeitalter von Amazon und Uber aus. Übernimmt dann noch eine Public-private-Partnership Aufgaben an der Schnittstelle zwischen Staat und Privatwirtschaft, gilt ihr Geschäftsmodell erst recht als «innovativ». Seit einiger Zeit muss man dafür nicht mehr ins Silicon Valley fliegen. Ein Spaziergang nach Zürich-West genügt. Terravis, eine Plattform von SIX, stellt die Infrastruktur bereit, die komplexe Prozesse bei der Abwicklung von Immobilientransaktionen standardisiert, harmonisiert, digitalisiert und automatisiert. Also ohne Papier und ohne Medienbrüche.
Wer schon einmal eine Liegenschaft gekauft oder verkauft hat, weiss, wie aufwendig und komplex das ist. Auf dem 1000 Milliarden Franken schweren Schweizer Hypothekarmarkt gibt es rund 1500 Notare, 26 Kantone, über 300 regionale Grundbuchämter, viele Banken, unzählige Käufer und Verkäufer. Zusätzlich sind zum Beispiel Steuer- und Betreibungsämter oder Infrastrukturanbieter wie die SBB oder swissgrid an einem zentralen Zugriff auf die Daten interessiert. Alleine bei Banken gibt es Handbücher mit Hunderten von Seiten darüber, welches Geschäft sie mit welchem Notar respektive Grundbuch abwickeln sollen. Nahezu jede Gemeinde hat eigene Formulare. Und sobald beispielsweise ein Käufer die Kantonsgrenze überschreitet, reist er gefühlt in ein anderes Land.
Das Grundbuchamt ist nun immer geöffnet
Terravis vereinfacht diese Prozesse. Dies hört sich simpel an, ist aber alles andere als trivial in einem föderalen System wie der Schweiz. Entscheidend ist, dass Terravis den Föderalismus als Realität anerkennt, ja sogar unterstützt. Das erhöht die Akzeptanz bei Notaren und Kantonen. Einmal an Terravis angeschlossen, arbeiten Grundbuchämter, Banken und Notariate auf einem einzigen digitalen Kanal zusammen – rund um die Uhr. Terravis ermöglicht so Effizienzgewinne für alle Beteiligten. Sie reduziert Durchlaufzeiten, erhöht die Transparenz und minimiert die operationellen Risiken. Wichtig: Terravis speichert im Auskunftsportal keine Grundbuchdaten, sondern ist eine reine Service-Infrastruktur.
Vom Start-up zum Grown-up
Terravis ist mit zwei Dienstleistungen gestartet, doch schnell wurde klar: Das Geschäftsmodell ist ausbaufähig. Mittlerweile ist eine dritte Dienstleistung dazugekommen. Die Auskunft ist die erste Dienstleistung und bildet die Basis für Banken im Hypothekargeschäft. Der Zugang zu den Grundbuchdaten ist nun viel effizienter. 14 Kantone sind zurzeit an der Terravis-Auskunft angeschlossen und stellen ihre Daten über einen zentralen Zugriff den Berechtigten zur Verfügung.
International führend ist Terravis beim digitalen, automatisierten Geschäftsverkehr – der zweiten Dienstleistung. Terravis hat unter anderem die wichtigsten Kreditprozesse bei Banken und Notaren standardisiert und digitalisiert, sodass das Grundbuch strukturierte Anmeldungen mit einem Nachführungsvorschlag direkt im Grundbuchsystem erhält. Gemeinsam mit allen Beteiligten erarbeitete Terravis ein gemeinsames Verständnis für die einzelnen Schritte der digitalen Abwicklung.
Die dritte Dienstleistung, die treuhänderische Verwaltung von Registerschuldbriefen (Nominee), ist vor allem für Banken interessant, da die Kreditabwicklung in vielerlei Hinsicht noch effizienter wird. Diese Dienstleistung wird immer bedeutender. Es werden zurzeit rund 250’000 Registerschuldbriefe treuhänderisch verwaltet.
Weitere Zusatznutzen denkbar
Für Banken ist die Suche nach Effizienzgewinnen nichts Neues. Sie hat aber zum Teil betriebliche Grenzen. Dank Terravis können Banken nun institutsübergreifend besser arbeiten. In den Notariaten ist die Effizienzsteigerung leider noch zu wenig spürbar. Medienbrüche, zum Beispiel durch eingescannte Dokumente, kommen noch (zu) oft vor. Sollten einmal alle Handänderungen über Terravis ablaufen, entstünde eine Fülle von Informationen (Kaufpreise, Preisentwicklungen usw.). Diese Informationen könnten zukünftig eine zuverlässige Basis für Immobilienpreisindizes sein.