Warum braucht es Referenzzinssätze?
Referenzzinssätze sind wichtig für die Wirtschaft. Nicht nur für die Geldpolitik. Auch Finanzkontrakte für Kredite, Spareinlagen oder Hypotheken nehmen darauf Bezug. Als Basis im Derivatemarkt oder für strukturierte Produkte sind sie ebenfalls essenziell. LIBOR, die London Interbank Offered Rate, war bisher der Standard – auch in der Schweiz.
Warum wird der LIBOR abgelöst?
Es gab einmal eine Zeit, da war LIBOR eine ausserhalb der Bankenwelt wenig bekannte Abkürzung. Die Manipulation des Referenzzinssatzes führte jedoch zu eine jahrelangen öffentlichen Diskussion über dessen Zukunft und schliesslich zu seinem Ende. LIBOR wird ab 2022 nicht mehr unterstützt.
Die harte Realität ist, dass Schätzungen durch ein paar wenige Banken nicht mehr genügen. Weltweit haben in den letzten Jahren nationale Arbeitsgruppen Verbesserungen vorgenommen oder neue Referenzzinssätze entwickelt, so auch in der Schweiz. Die neuen Referenzzinssätze haben alle gemeinsam, dass sie sogenannte Overnight Rates sind und auf Transaktionen anstelle von Schätzungen basieren.
Wann wird der LIBOR abgelöst?
2022 fällt die Unterstützung für den Libor weg und die Banken müssen darauf basierende Verträge, Produkte, Systeme und Prozesse auf neue, alternative Referenzzinsätze (ARR) umstellen. Die Komplexität der Umstellung auf ARR sollte nicht unterschätzt werden. SIX stellt mit dem SARON, dem Swiss Average Rate Over Night, bereits seit 2009 eine robuste Alternative zum CHF LIBOR zur Verfügung.
Was ist der Unterschied zwischen dem SARON und dem LIBOR?
1. Geldmarkt: besicherter vs. unbesichert
Auf welchen Geldmarkt bezieht sich der SARON?
SIX betreibt die voll automatisierte Handelsplattform (SIX Repo) für den besicherten Geldmarkt (kurzfristige Kredite) in der Schweiz. Der SARON reflektiert diesen sogenannten Repo-Markt. Es gilt «Geld gegen Sicherheit».
Auf welchen Geldmarkt bezieht sich der LIBOR?
Der LIBOR reflektierte den unbesicherten Geldmarkt (kurzfristige Kredite). Es gilt «Geld gegen Bonität» (keine Sicherheiten verlangt).
2. Grundlage: Branche vs. Panel
Auf was basiert der SARON?
160 Banken und Versicherungen nehmen am Schweizer Repo-Markt teil. Darunter auch die Schweizerische Nationalbank (SNB), die so die Schweizer Wirtschaft mit Liquidität versorgt. Banken erhalten von der SNB Geld, indem sie ihre Wertpapiere als Sicherheit hinterlegen. Sie verpflichten sich, diese später zurückzukaufen und zahlen einen Zins. Nach diesem Prinzip leihen sich Banken auch untereinander Geld (besicherter Interbankenmarkt).
Auf was basierte der LIBOR?
Eine Gruppe von 11 bis 16 Banken (Panel-Banken) beteiligte sich an der Festsetzung des LIBOR. Die Banken beantworteten die Frage: «Zu welchem Zinssatz könnten Sie Geld leihen, wenn Sie eine andere Bank um ein Angebot für eine angemessene Marktgrösse bitten?». Unerlaubte Absprachen unter einigen dieser Banken führten 2011 zum LIBOR-Skandal.
3. Berechnung: tatsächliche Zinssätze vs. geschätzte Zinssätze
Wie wird der SARON berechnet?
In die Berechnung des SARON fliessen abgeschlossene Transaktionen und handelbare Preise (Quotes) ein. Das sind im Jahresdurchschnitt etwa 110 Zinssätze pro Tag.
Wie wurde der LIBOR berechnet?
In die Berechnung des LIBOR flossen die Schätzungen der Banken ein. Je nachdem wie viele Banken sich beteiligten, waren das zwischen 5 und 8 Werte. Die höchsten und tiefsten 3 bis 4 Werte flossen nicht ein.
4. Veröffentlichung: mehrmals am Tag vs. einmal am Tag
Wann wird der SARON veröffentlicht?
- Berechnung/Veröffentlichung alle 10 Minuten
- Fixierung dreimal am Tag (Schlusskurs: 18.00 Uhr)
- Verfügbar in einer Währung (CHF)
Wann wurde der LIBOR veröffentlicht?
- Berechnung einmal am Tag
- Veröffentlichung einmal am Tag
- Verfügbar in fünf Währungen (CHF, EUR, GBP, JPY, USD)
Christian Bahr
Als Head Index Services ist Christian Bahr bei SIX für das gesamte Indexgeschäft und die damit verbundenen Services zuständig und Vorsitzender der Indexkommissionen. Er verfügt über breite Kenntnisse auf dem Gebiet passiver Investments und Indizes sowie langjährige Erfahrung im Marktdatengeschäft. In früheren Funktionen bei STOXX (Deutsche Börse) und Dow Jones Indexes war er für die Produktentwicklung, das Engineering und das Indexmanagement verantwortlich.
SARON ist der Referenzzinssatz für die Zukunft. Lesen Sie mehr darüber wie SIX die Zukunft des Schweizer Finanzplatzes gestaltet.
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