Kann man für 100 Schweizer Franken ein NFT kaufen? Ein Selbstversuch – Teil 2

Kann man für 100 Schweizer Franken ein NFT kaufen? Ein Selbstversuch – Teil 2

Mit 100 Schweizer Franken ein NFT kaufen – geht das? Im ersten Teil dieser Geschichte bin ich an den hohen Gebühren auf der Ethereum-Blockchain gescheitert. Nun probiere ich es auf Solana. Ob es diesmal funktioniert?

Ich hatte einen Plan: Ich wollte mir für 100 Schweizer Franken ein NFT kaufen. «Kann doch nicht so schwer sein», dachte ich mir. Falsch gedacht. Ich stand am Ende nicht nur ohne NFT da, sondern habe auch etliche Anfängerfehler gemacht und deshalb bereits 40 % meines Startkapitals verloren. Falls Sie den ersten Teil meiner NFT-Geschichte noch nicht gelesen haben: Hier finden Sie ihn.

Letzte Woche bin ich mit meinem etwas vorschnellen Versuch, ein NFT über die Ethereum-Blockchain zu kaufen, gescheitert. Die hohen Gas Fees, die Gebühren, machten dem Vorhaben einen Strich durch die Rechnung. Also wechselte ich auf eine alternative Blockchain: Solana.

Dank eines anderen Validierungsalgorithmus soll Solana günstiger sein. Statt Proof of Work kommt Proof of Stake zur Anwendung. Für Proof of Stake – auf den übrigens auch Ethereum in naher Zukunft umstellen will – ist viel weniger Rechenleistung nötig. Die Gebühren sind deshalb sehr tief. Das hoffe ich zumindest. Denn die Geschehnisse von letzter Woche haben gezeigt, dass in dieser ganzen Geschichte nicht alles so einfach ist, wie es scheint. Nachdem ich mein Geld also mehrfach zwischen verschiedenen Wallets, Kryptobörsen und Kryptobrokern hin- und hergeschoben und jedes Mal auch Gebühren dafür gezahlt habe, sind von meinen 100 noch 61 Franken übrig. Diese halte ich in Form von 0,3 Solana auf einem Konto der Kryptobörse FTX. Nach einwöchiger Wartefrist darf ich nun meine Solana von FTX auf meine Wallet transferieren, die ich mittlerweile bei Phantom habe.

Wie versendet man Kryptowährungen?

Das Senden von Kryptowährungen verläuft etwas anders als eine klassische Banktransaktion. Das Einzige, was FTX für die Überweisung braucht, ist meine Wallet-Adresse, also ein gut 20-stelliger Code. Gebe ich hier die falsche Adresse ein, dann ist mein Geld weg. Ich gebe den Code also äusserst sorgfältig ein und stelle nach wenigen Sekunden erleichtert fest, dass die vollen 0,3 Solana auf meiner Phantom-Wallet ankommen. Nun bin ich startklar.

Gefangen in der Krypto-Bubble

Als Digital Native verbringe ich viel Zeit auf Social Media – manchmal zu viel. Meine Recherchen für den ersten Teil dieser Story sind an Instagram & Co. offenbar nicht spurlos vorbeigegangen. Denn seit ein paar Tagen sind meine Feeds auf Youtube, Instagram und Facebook voll von NFTs und Krypto. Memes, Anlagetipps, Tik Toks – alles ist dabei. Zudem erhalte ich mittlerweile täglich Nachrichten von irgendwelchen Fake-Profilen, die mich entweder in ihre «Pump-and-Dump-Gruppe» einladen wollen, mich auf den nächsten grossen NFT-Drop hinweisen – oder mir erzählen, dass ich mich unbedingt bei ihrem «Boss», der üblicherweise gerne mit schönen Frauen und schnellen Autos posiert, melden solle, um (natürlich für viel Geld) mehr über Kryptos zu lernen.

Und obwohl ich das meiste, was mir an Content angezeigt wird, für absoluten Stuss halte, scrolle ich oft doch weiter. Aus Langeweile, aus Neugier oder aus mangelnder Disziplin – ich weiss es nicht. Nur eines weiss ich: Ich bin mitten in der Krypto-Bubble. Und ich verstehe mittlerweile auch, wie sich Leute darin verlieren können.

Was ist ein NFT-Drop?

Etwas, das mich auf jeden Fall neugierig gemacht hat, sind NFT-Drops, also die erste Ausgabe von NFTs – im Grunde genommen ist das ähnlich wie ein IPO bei Aktien. Wenn man beim Drop einer Kollektion teilnimmt, weiss man vorher aber nicht genau, was man kriegt. Sie können sich das ungefähr so vorstellen wie bei Sammelkarten. Sie kaufen ein Päckchen und wissen, dass Sie dafür zum Beispiel Panini-Fussball-Sticker oder Pokémon-Karten kriegen. Sie wissen aber vorab nicht welche. Vielleicht haben Sie Glück und ziehen Weltfussballer Messi oder ein starkes Pokémon wie Glurak. Aber vielleicht ziehen Sie auch nur den Ersatztorhüter von Österreich oder den lächerlichen Fisch Karpador.

Erinnern Sie sich an den Bored Ape Yacht Club aus dem ersten Teil meiner Geschichte? Der Drop dieser Kollektion fand im April 2021 statt. Der Preis für einen der 10’000 Affen lag bei 300 US-Dollar. Der billigste Affe liegt heute – nur neun Monate später – weit über 200’000 US-Dollar. Die äusserst seltenen Exemplare bewegen sich gar im Bereich von mehreren Millionen.

Bei der ersten Ausgabe direkt einzusteigen, kann Vorteile haben – so wie bei Aktien. Die grössten Profite ergeben sich oft, wenn man ganz am Anfang in eine gefragte Kollektion einsteigt, die anschliessend im sekundären Handel stark im Kurs steigt.

Es gibt verschiedene Websites, auf denen man sich über kommende Solana-Projekte informieren kann. Ich finde einige Projekte, die im Rahmen meines Budgets liegen. Doch die meisten dieser Projekte wirken auf mich sehr amateurhaft. Oft fehlt eine Website, manchmal hat das Projekt nur eine Handvoll Follower auf Twitter – und manchmal gefallen mir die NFTs schlicht nicht. Alles, was vielversprechend aussieht, liegt über meinem Budget von 0,3 Solana. Ich entschliesse mich, nicht an einem Drop teilzunehmen.

Wo kauft man NFTs auf Solana?

Ich werde mich also in eine bestehende Kollektion einkaufen. Auf der Solana-Blockchain gibt es keinen Marktplatz mit einer ähnlichen Monopolstellung wie Opensea auf der Ethereum-Blockchain. Vielmehr gibt es mehrere Marktplätze, die alle noch relativ jung sind. Youtube – eine wiederkehrende Quelle in meinen Recherchen – kann mir keine endgültige Antwort darauf geben, welcher der Beste ist. Ich entscheide mich dazu, mich auf den drei grössten Marktplätzen umzusehen: Solsea, Solanart und Magic Eden. Als ich einige der beliebtesten Kollektionen auf Solana betrachte, fällt mir eines sofort auf. Viele davon sind an bekannte Kollektionen auf der Ethereum-Blockchain angelehnt. Die «Degenerate Ape Academy» erinnert stark an den Bored Ape Yacht Club, die «Solpunks» an die Cryptopunks – einfach deutlich billiger. Mit 4900 (Degenerate Ape Academy) und 1000 Schweizer Franken (Solpunks) sind sie aber dennoch eine Nummer zu gross für mein Budget.

Ich brauche etwas Kleineres. Um die Suche von Beginn an ein wenig einzugrenzen, filtere ich nur nach Kollektionen in 3-D-Kunst. Warum? Gefällt mir einfach besser als 2-D oder Pixel-Art. Denn für den Fall, dass mein NFT mir nicht innert Wochenfrist einen Lamborghini finanziert, will ich es wenigstens gerne anschauen.

NFTs für den guten Zweck

Am Anfang der Suche stelle ich erleichtert fest, dass es etliche Projekte gibt, die ich mir mit meinen verbleibenden 61 Franken theoretisch leisten könnte. Ich verbringe anschliessend viel Zeit damit, mir Websites anzusehen, Twitter-Follower zu vergleichen und in verschiedenen Chats auf Discord den Puls der Community zu fühlen. Und es gibt eine Kollektion, über die ich immer und immer wieder stolpere: die Whales Nation.

Die Whales Nation ist – wie der Name vermuten lässt – eine Kollektion von Walen. Insgesamt gibt es 5555 davon. Das Projekt hat sich zum Ziel gesetzt, einen Teil des Erlöses zur Erhaltung der Wale einzusetzen. So gehen 10 % aller Gebühren durch Käufe und Verkäufe an die gemeinnützige Organisation «Save the Whales». Seit mehr als 40 Jahren kämpft die Organisation für den Schutz der Ozeane und seiner Bewohner. NFTs für den guten Zweck, find ich eine super Sache.

Die Odyssee hat ein Ende

Beim Drop kostete ein Wal noch ein Solana-Token, also ungefähr 200 Franken. Innerhalb von sieben Minuten waren alle 5555 Wale ausverkauft. Wer damals kein Glück hatte und einen weniger seltenen Wal gekriegt hat, macht Stand jetzt ein Verlustgeschäft. Der Einstiegspreis liegt bei 0,21 Solana. Insgesamt stehen etwa 15 Wale zum Verkauf, die unter 0,3 Solana kosten. Glücklicherweise gibt es Tools, die einem die Seltenheit eines NFT innerhalb einer Kollektion anzeigen. Und weil der mit Abstand seltenste der 15 Wale auch der zweitbilligste ist, überlege ich nicht mehr lange und schlage zu. Die Transaktion dauert nur wenige Sekunden und Gebühren zahle ich so gut wie keine.

Endlich. Nach all den Fehltritten, Umwegen und Strapazen habe ich es doch noch geschafft, mir ein NFT zu kaufen. Gezahlt habe ich dafür 0,23 Solana, also etwas weniger 50 Franken. Meine Forschungsfrage (Kann man für 100 Schweizer Franken ein NFT kaufen?) kann ich also abschliessend mit einem Ja beantworten.


Darf ich vorstellen? Mein erstes NFT: Whales Nation #1429. 

Mein allererstes NFT: Whales Nation #1429 aus der Whales Nation NFT Kollektion

Mein allererstes NFT: Whales Nation #1429

Cool, oder? Ich mag vor allem den «Frozen Skin», den weniger als 1 % aller Wale besitzen. Und den Feuerhintergrund. Den gibt es bei weniger als 5 % aller Whales-Nation-NFTs. Das macht meinen Wal zum NFT mit Seltenheitswert.

Ich bin nun offiziell Teil der Whales-Nation-Community und habe Zugang zu exklusiven Chats auf Discord. Darin darf die Community bei Zukunftsplänen für das Projekt aktiv mitentscheiden und Vorschläge einbringen. Zudem werden Spiele und Quizze durchgeführt, bei denen es Preise zu gewinnen gibt. Meist sind das weitere NFTs.

Nachwuchs für meinen Wal

Bislang hab ich einmal an einem Quiz teilgenommen. Es drehte sich – irgendwie naheliegend – um Wale. Aber die Konkurrenz war zu stark für mich. Leider nichts gewonnen. Auch bei der Verlosung von 50 äusserst seltenen Orca-NFTs hatte ich kein Glück. Heisst aber nicht, dass mir das Halten eines Whales-Nation-NFT bislang nichts gebracht hat. Denn Mitte Januar hatte ich als Wal-Besitzer die Möglichkeit, mich in der Whitelist für einen Gratis-Airdrop einzutragen. Ein Airdrop ist eine kostenlose Verteilung von Kryptowährungen, Token oder NFTs, an eine Wallet-Adresse. Wenn also alles nach Plan läuft, werde ich am 2. Februar ein kostenloses Baby Whale NFT erhalten. Und somit wird mein Wal nach nur wenigen Tagen in meinem Besitz bereits Nachwuchs produzieren.

Ein Beispiel eines Baby Whale NFTs

Kleiner Vorgeschmack: So werden die Baby Whale NFTs aussehen

Die Baby-Whales sind eine eigene Kollektion, die der Whales Nation entspringt. Auch Personen, die kein Whales Nation NFT besitzen, können sich einen Baby Whale kaufen. Der Preis dafür beträgt 0.5 Solana. Im Grunde genommen werde ich durch meinen Baby-Wal so etwas wie eine Dividende erhalten. Verkaufen möchte ich meine NFTs aber vorerst nicht. Mir gefällt es in der Community. Und irgendwie bin ich gespannt darauf, was die Zukunft noch bringt.

Es braucht einfachere Lösungen

Mein Experiment ist hiermit also offiziell beendet. Mein Fazit: Bevor man sich in die Welt von NFTs und Kryptowährungen stürzt, sollte man sich genügend Zeit für die Recherche nehmen. Oder einfach meine zwei Blogposts lesen. Dann machen Sie wenigstens nicht dieselben Anfängerfehler wie ich.

Obwohl NFTs im Jahr 2021 einen regelrechten Hype erlebten, ist es für Laien trotzdem noch eine Herausforderung, ein NFT zu kaufen. Damit NFTs die grosse Masse erreichen, müssen einfachere Lösungen her – von Finanzinstituten oder Kryptobrokern. Die Nachfrage ist da. Und wenn das der Fall ist, dauert es für gewöhnlich nicht lange, bis der Markt Lösungen offeriert. Gut möglich also, dass es für Normalsterbliche bald um einiges einfacher wird, NFTs zu kaufen.

Und wie bei allen Investments gilt: Es ist Vorsicht geboten. Weil ich nur 100 Franken investiert habe, wäre es für mich auch verkraftbar gewesen, wenn ich alles verloren hätte. Denn es gibt viele Leute, die mit NFTs Geld verlieren. Dass man ausgerechnet bei den Projekten einsteigt, die innerhalb kürzester Zeit um Tausende Prozente im Wert steigen, hat ein bisschen mit Können und sehr viel mit Glück zu tun.

Den Lambo gibt’s obendrauf

Und was nehme ich aus dem Experiment mit? Na ja, ich hab jetzt meinen Wal – und bald auch meinen Baby-Wal. Werden die mir in kürzester Zeit einen Lamborghini finanzieren, wie ich das schon im ersten Teil meiner Geschichte fantasiert habe? Nicht unmöglich, aber auch nicht wahrscheinlich. Aber hey, ich hab im Verlauf dieses Experiments viel gelernt. Werde ich mir also weitere NFTs kaufen? Gut möglich. Immerhin weiss ich nach meinem Selbstversuch mehr über NFTs als die meisten anderen Menschen auf diesem Planeten. Wäre ja eigentlich blöd, wenn ich mir das nicht zunutze machen würde.  

Und apropos Lamborghini: Es gibt da noch was, das ich Ihnen bisher verschwiegen habe. Mein Wal kostete nur 0,23 Solana, was bedeutet, dass ich noch 0,07 übrig hatte. Als routinierter Investor weiss ich natürlich, dass es wenig Sinn macht, mein Geld einfach auf dem Konto liegen zu lassen. Darum hab ich mir mit meinem verbleibenden Geld den hier gekauft.

Ein Bild meines Lamborghini NFTs - Crypto Carz #2793

Mein zweites NFT: Crypto Carz #2793

Etwas protzig, ich weiss. Aber bei einem Preis von nur acht Franken musste ich einfach zuschlagen. Im Chat auf Discord philosophieren sie aktuell darüber, dass der Preis eines digitalen Lambos irgendwann mit dem Preis eines echten Lambos korrelieren soll. Na, dann warte ich mal ab.  

Bildquelle: mundissima/shutterstock.com