Liquidität in einer Bankenkrise: Wie können Schuldbriefe helfen?

Liquidität in einer Bankenkrise: Wie können Schuldbriefe helfen?

Im Zusammenhang mit der Krise der Credit Suisse leistete die Schweizerische Nationalbank im März 2023 ausserordentliche Liquiditätshilfe. Lesen Sie, was Register-Schuldbriefe und die dadurch besicherten Hypotheken damit zu tun haben und warum das in Zukunft für alle Schweizer Banken wichtig ist.

Die wirtschaftlichen Auswirkungen eines Kollapses der Credit Suisse wären nicht nur für den Schweizer Finanzplatz gravierend gewesen. Ein rasches und entschlossenes Handeln war erforderlich. Der Bund, die Aufsichtsbehörde FINMA und die Schweizerische Nationalbank (SNB) haben intensiv zusammengearbeitet, um eine tragfähige und möglichst marktnahe Lösung zur Gewährleistung der Finanzstabilität zu finden. Das Ergebnis dieser Bemühungen war schliesslich die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS.

Liquidität verschafft Zeit

Die Aufgabe der SNB zur Bewältigung der Krise bestand zunächst darin, unter anderem mit der ausserordentlichen Liquiditätshilfe (Emergency Liquidity Assistance, ELA) überhaupt erst das Zeitfenster zu schaffen, in dem die Lösung ausgearbeitet werden konnte.

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Was ist ausserordentliche Liquiditätshilfe?

Als Kreditgeberin in letzter Instanz (Lender of Last Resort, LoLR) kann die Schweizerische Nationalbank (SNB) in Krisensituationen ausserordentliche Liquiditätshilfe (Emergency Liquidity Assistance, ELA) an Banken leisten, die sich am Markt nicht mehr refinanzieren können. Die SNB leistet damit im Rahmen ihres Mandats einen wichtigen Beitrag zur Stabilität des Schweizer Finanzsystems. Die ELA ist an die Hinterlegung von Wertschriften beziehungsweise Hypotheken gebunden und ist bisher systemrelevanten Banken vorbehalten. 

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Rasche Liquiditätsversorgung im Krisenfall für alle Banken

Die Ereignisse im US-Bankensektor und im Zusammenhang mit der Credit Suisse haben gezeigt, wie wichtig es für Banken ist, betreffend Liquidität vorzusorgen. Banken jeglicher Grösse können in Situationen geraten, in denen sie rasch viel Liquidität benötigen. Die SNB möchte darum künftig allen im Hypothekargeschäft aktiven Banken in der Schweiz – nicht nur den systemrelevanten – bei Bedarf Liquidität gewähren können. Die Erweiterung des Dispositivs der SNB trägt den Titel «Liquidität gegen hypothekarische Sicherheiten» (LGHS).

Wichtige Rolle für Register-Schuldbriefe

Hypotheken machen rund 85 % des inländischen Kreditvolumens aus und sind damit die weitaus bedeutendste, illiquide Bilanzposition im Schweizer Bankensystem. Die LGHS nutzt dieses Potenzial mithilfe sogenannter Register-Schuldbriefe. Register-Schuldbriefe existieren in der Schweiz seit der Teilrevision des Immobiliarsach- und Grundbuchrechts im Jahr 2012 und nehmen seither in ihrer Zahl ständig zu. Gleichzeitig nimmt die Anzahl Papier-Schuldbriefe ab. (Lesen Sie mehr über die Entwicklung der zwei Pfandrechtsarten in der Schweiz in der neusten Ausgabe des Magazins «PAY».)

Bei LGHS akzeptiert die SNB nur Hypotheken als Sicherheiten, die mit Register-Schuldbriefen besichert sind, die im Nominee-System von Terravis durch SIX treuhänderisch verwaltet werden.

«Dank eines standardisierten, automatisierten und skalierbaren Systems können wir hypothekarische Sicherheiten im Krisenfall innert kürzester Frist und zuverlässig auf die SNB übertragen», erklärt Walter Berli, Head Terravis. Dass der Mechanismus funktioniert, hat der Fall Credit Suisse gezeigt.

Was müssen die Banken jetzt tun?

Nach dem Start der Pilotphase mit einzelnen Banken Ende 2022 hat die SNB die ganze Branche im Juli 2023 über LGHS informiert. Die SNB schätzt, dass es ein bis zwei Jahre dauert, bis eine Bank bereit ist, um LGHS nutzen zu können. In dieser Zeit müssen die Banken interne Prozesse anpassen, Übertragungsklauseln in die Kundenverträge einfügen und mit einem sogenannten Massengläubigerwechsel in den Grundbüchern die Register-Schuldbriefe auf die SIX SIS AG eintragen lassen.

Martin Schlegel, Vizepräsident des Direktoriums der SNB, betonte die Wichtigkeit von LGHS anlässlich des SNB-Mediengesprächs vom 21. September 2023 und der Informationsveranstaltungen für Banken: «Die SNB erwartet von den Banken mit Hypothekargeschäft, dass sie an der Initiative teilnehmen. Je mehr Banken diese neue Möglichkeit zum Liquiditätsbezug vorbereiten, desto grösser sind auch die Handlungsmöglichkeiten der SNB im Bedarfsfall.» Davon profitierten nicht nur die teilnehmenden Banken selbst, sondern die Schweiz insgesamt. Die Initiative trage auf breiter Basis zur Finanzstabilität und zur Resilienz des Bankensystems bei, hält Martin Schlegel fest.