Die US-amerikanische IRS ist die wohl bekannteste Steuerbehörde der Welt und sicher die einzige, die in einem Hollywood-Film die Hauptrolle spielte. Will Ferrell ist in Stranger Than Fiction ein Steuerauditor, der klagt: «Ich arbeite für die IRS. Jeder hasst mich.»
Naja, zumindest Al Capone war kein Fan der IRS. Der Gangsterboss füllte sein Lebtag nie eine Steuererklärung aus, er war der Ansicht: «Sie können keine legalen Steuern von illegalem Geld eintreiben.» Die IRS konnte es doch und Al Capone wurde 1931 nicht von der Polizei, nicht von der Drogenbehörde und nicht vom FBI dingfest gemacht: Nein, es war die IRS, die ihn wegen Steuerhinterziehung 11 Jahre hinter Gitter brachte.
Warum fürchtet Dr. Dre die IRS?
Al Capone ist nur einer von vielen bekannten Steuerhinterzieherinnen und -hinterziehern. Die Liste deckt mit Namen wie Chuck Berry, Nicolas Cage oder Martha Stewart das ganze Spektrum des Showbusiness ab, wobei die IRS selbst dafür sorgt, dass die Öffentlichkeit über aussergewöhnliche Fälle im Bild ist: Sie führt einen Twitter-Account, auf dem sie spektakuläre Fälle publiziert und Ende Jahr jeweils die Top 10 bekannt gibt. «Die Ermittlungsarbeit des Jahres 2021 hat das Zeug zu einem Fernsehfilm», kommentiert der IRS-Investigationschef im Stil eines Boulevardjournalisten, «Veruntreuung von Geldern einer gemeinnützigen Organisation, ein Familienring, der Millionen von Covid-19-Hilfsgeldern ergaunert hat, und ein milliardenschweres Schneeballsystem, mit dem Sportteams und Luxusfahrzeuge gekauft wurden.»
Die IRS publiziert diese Fälle, weil sie abschreckend wirken sollen: Wer beim Steuerbetrug erwischt wird, an dem wird ein Exempel statuiert. Die Behörde kontrolliert zwar relativ wenig Steuererklärungen – weniger als 1 % – doch im Schuldenfall sind die Strafen drakonisch, wie das Beispiel Al Capone zeigt. Nicht von ungefähr sagte der Rapper Dr. Dre einmal: «Die einzigen zwei Dinge, die mir Angst machen, sind Gott und die IRS.»
Wie die IRS Nicht-US-Bürgerinnen und -Bürger, die ausserhalb der USA leben, besteuern kann
Steuerbehörden zählen gemeinhin nicht zu den aufregendsten Institutionen der Welt. Dass die IRS auch international bekannt ist, hat neben den aufsehenerregenden Fällen mit ihrer weltumspannenden Tätigkeit zu tun. So waren die US-Steuerbehörden massgeblich an der Aufhebung des Schweizer Bankkundengeheimnisses gegenüber den USA beteiligt: Der Foreign Account Tax Compliance Act – genannt FATCA – ist eine unilaterale US-Regelung, die weltweit und für fast alle Länder gilt. In der Schweiz ist sie seit 2014 in Kraft. FATCA verlangt von ausländischen Finanzintermediären wie Banken, Versicherungen oder Vermögensverwaltern Informationen über US-Konten oder die Erhebung von Steuern. Erst letztes Jahr forderte die IRS wieder Kontodaten von 29 Schweizer Banken ein.
Ausserdem sind die USA die einzige Industrienation, die die Steuerpflicht über die Nationalität definiert und nicht über den Wohnsitz – nur Eritrea verfolgt auch die Praxis, Menschen nach ihrem Geburtsort und nicht nach ihrem Aufenthaltsort zu besteuern. Laut Schätzungen leben heute neun Millionen Amerikaner im Ausland und diese besitzen gemäss offiziellen Aussagen eines IRS-Beamten rund 3,7 Billionen US-Dollar an meldepflichtigem Vermögen. Doch vielen dieser sogenannten Zufallsamerikaner ist gar nicht bewusst, dass sie in den USA steuerpflichtig sind: Sie sind beispielsweise in den USA geboren, leben aber seit ihrer Jugend in einem anderen Land. Doch nur wer aktiv auf seine US-Staatsbürgerschaft verzichtet – und das ist so teuer wie in keinem anderen Land der Welt –, ist nicht mehr steuerpflichtig.
Damit ist die internationale Tätigkeit der IRS aber noch nicht abgeschlossen: Sogar Nicht-US-Bürger, die nicht in den USA wohnen, besteuert die IRS – dann nämlich, wenn sie US-Wertpapiere halten, die Dividenden generieren. Das verlangt die IRS unter Section 871(m). Und ab dem 1. Januar 2023 wird das US-Steuergesetz – um einen weiteren internationalen Paragrafen erweitert: IRS Section 1446(f) (siehe blaue Box).
Wen betrifft IRS Section 1446(f)?
Am 30. November 2020 veröffentlichten das US-Finanzministerium und der Internal Revenue Service (IRS) die endgültige Regulierung gemäss Section 1446(f). Es handelt sich um eine zusätzliche Quellensteuer für Nicht-US-Bürgerinnen und -Bürger im Ausland und ohne Green Card. Die Regulierung ist dann relevant, wenn diese Nicht-US-Personen Anteile an einem Unternehmen halten, das das US-Steuerrecht als Partnership einstuft und das in den USA Einkommen versteuert (Effectively Connected Income).
Die Steuer fällt dann an, wenn Anteile an einer Partnership verkauft werden. Im Fall von Publicly Traded Partnerships, also bei Anteilen an Gesellschaften, die an einer Börse gehandelt werden, müssen Broker oder sogenannte Qualified Intermediaries aktiv werden. Wenn die Verkäuferin oder der Verkäufer keine US-Person ist, müssen sie 10 % auf den Erlös einbehalten und an die IRS überweisen.
Die Regulierung wird am 1. Januar 2023 in Kraft treten.
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Wie entstand die IRS?
Die Wurzeln der IRS liegen im amerikanischen Bürgerkrieg. Um die hohen Kosten zu decken, erhob Präsident Lincoln 1862 eine vorübergehende Steuer von 3 % auf Einkommen zwischen 600 und 10’000 US-Dollar und von 5 % auf alles darüber. 1913, kurz vor dem Ersten Weltkrieg, wurde die Einkommenssteuer definitiv in die Verfassung aufgenommen. 1953 schliesslich kam die Steuerbehörde zu ihrem heutigen Namen, wobei IRS für Internal Revenue Service steht, zu Deutsch etwa Einkünfte-Innendienst. Trotz ihrer langen Geschichte geht die IRS durchaus mit der Zeit: Sie nahm bereits 2016 Kryptobörsen ins Visier und gewann seither verschiedene Fälle gegen Coinbase, Kraken oder Poloniex – immer mit dem Ziel, Besitzerinnen und Besitzer von Kryptowährungen zu identifizieren und zu besteuern.
Wer hat die höchste Steuermoral?
Nach eigener Schätzung entgehen der IRS jährlich 441 Milliarden US-Dollar an Steuereinnahmen. Das ist der sogenannte Tax Gap. Von dieser Zahl leiten die Steuerbehörden ab, dass 83,6 % der Steuern freiwillig und pünktlich bezahlt werden. Die Steuermoral ist eine schwer zu messende Grösse, doch eine etwas ältere Studie aus 2006 zeigte, dass die Steuerzahlungsmoral der US-Bürgerinnen und -Bürger tatsächlich weltweit am grössten ist – vor den Steuerzahlerinnen und -zahlern in der Schweiz und in Österreich.
Nicht weit her mit der Steuermoral war es in den 1990er-Jahren bei der Country-Legende Willie Nelson. Er wurde erwischt, konnte seine Steuerschuld aber nicht begleichen, da er mit Spekulationen sein Geld verloren hatte und mittellos war. Als Teil des Rückzahlungsplans musste er ein Album aufnehmen, dessen Erlös vollumfänglich an die IRS ging. «The IRS Tapes: Who’ll Buy My Memories?» wurde von der Kritik gelobt, spielte aber nur 3,6 Millionen US-Dollar ein. Doch Willie Nelson war zurück in der Öffentlichkeit und konnte bald darauf die restlichen 9 Millionen US-Dollar Schulden bei der IRS begleichen.
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