Ein legendärer Werbespruch von Morgan Stanley lautet: «Sie müssen Steuern bezahlen. Aber kein Gesetz der Welt verpflichtet Sie, dabei ein Trinkgeld zu geben.» Nicht überliefert ist, ob sich die Bank spezifisch auf Steuerrückforderungen bezogen hat – vermutlich nicht. Aber genau da würde die Aussage besonders gut passen: Gemäss Statistik der Eidgenössischen Steuerverwaltung zahlen Schweizer Steuerzahler alleine aufgrund von Doppelbesteuerungen jährlich rund CHF 6 Milliarden zu viel an Steuern.
Erstaunlich ist das nicht. Die Aufgabe ist nicht trivial. Selbst der Physik-Nobelpreisträger Albert Einstein soll gesagt haben, es brauche einen Philosophen, um eine Steuererklärung zu verstehen. Für einen Mathematiker sei das zu schwierig.
Von Anfang an die Steuern denken
Auch Einsteins Spruch liesse sich gut für Werbezwecke verwenden. Bei den immer komplexer werdenden, sich fortwährend ändernden Regulierungen braucht es heute jedoch keinen Philosophen, sondern ein Unternehmen wie SIX, das qualitativ hochwertige, umfassende Finanzinformationen liefern und innovative Zusatzdienstleistungen anbieten kann. Diese ermöglichen es den Banken, die jeweils aktuellen internationalen Steuerbestimmungen zu erfüllen und ihren Kunden einen Mehrwert zu bieten. Einziger Wermutstropfen: Einstein kann davon nicht mehr profitieren.
Doch der Reihe nach: «Um sich der Problematik richtig bewusst zu werden, müssen Sie sich Steuern wie den Benzinverbrauch eines Autos vorstellen», sagt Jacob Gertel, Senior Content Manager Legal & Compliance Data bei SIX, «es ist etwas, das konstant anfällt und am Reiseziel einiges kostet – aber am Anfang, bei der Routenwahl, gerne vergessen geht.» Der erste Schritt, um das zu ändern, bestehe darin, den «Steuerverbrauch » fortwährend mitzudenken, respektive in den Daten abzubilden, «nur so können Sie die Streckenwahl – oder hier die Investmententscheide – professionell angehen.»
Aktualität ist zentral
Der Valordata Feed (VDF) von SIX enthält Informationen zu über 27 Millionen Finanzinstrumenten. SIX aktualisiert diese Informationen laufend – auch die steuerrechtlichen. «Belgien zum Beispiel hat praktisch über Nacht eine Änderung der Transaktionssteuersätze für einheimische Anleger eingeführt », erzählt Jacob Gertel, «am 25. Dezember 2017 setzte der König seine Unterschrift unter das Gesetz, am 1. Januar 2018 traten die neuen Sätze in Kraft. Wir konnten sie von Anfang an abbilden». Für die Abonnenten des VDF – vorwiegend Schweizer und andere europäische Banken – ist diese Aktualität zentral, denn letztlich sind sie mitverantwortlich dafür, dass ihre Kunden die Anlagegelder im Wert von Billionen von Franken und Euro richtig versteuern.
Die steuerrechtlichen Informationen im VDF müssen sehr detailliert sein, wie Jacob Gertel ausführt: «Wenn Sie eine amerikanische Aktie kaufen, ist das aus steuerlicher Sicht nicht das Gleiche, wie wenn Sie in einen US-amerikanischen Aktienfonds investieren. Oder: Jeder Staat besteuert zum Beispiel Börsentransaktionen, Dividenden und auch das Anlagevermögen anders. Nehmen wir noch einmal Belgien. Wie in der Schweiz gelten dort Aktien als Vermögen, in den USA aber nicht.» Dass die Besteuerung einer Aktie, eines strukturierten Produktes oder einer Anleihe selbst innerhalb des gleichen Staates ganz unterschiedlich ausfallen kann, versteht sich da schon fast von selbst.
In den letzten Jahren sind spezifische Regulierungen hinzu gekommen: die Registrierung ausländischer Banken in den USA gemäss FATCA, die Steuer auf Derivative mit zugrundeliegenden US-amerikanischen Aktien unter IRS 871(m) oder die Bestimmungen des Automatischen Informationsaustausches (AIA) gemäss des Common Reporting Standard (CRS). SIX erleichtert den Banken mit ihren Daten die Erfüllung der diesbezüglichen Melde- und Reporting- Pflichten. Im VDF zum Beispiel sind nicht nur die betroffenen Finanzinstrumente abgebildet, sondern auch die relevanten Corporate Actions wie Zins- oder Dividendenzahlungen markiert.
AIA und CRS
Staaten weltweit versuchen, die mittels Offshore-Anlagen am Fiskus vorbeigeschleusten Steuern wieder einzubringen. Aus diesem Grund beschloss die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) einen Automatischen Informationsaustausch (AIA) in Steuerangelegenheiten. Die Staaten tauschen Daten über Bankkunden aus anderen Steuerdomizilen jährlich gemäss dem sogenannten Common Reporting Standard (CRS) aus.
FATCA
Im Rahmen eines Programmes, das Arbeitsplätze schaffen soll, haben die USA FATCA (Foreign Account Tax Compliance Act) eingeführt. Es soll verhindern, dass US-amerikanische Bürger ihre Steuern mittels ausländischer Finanzinstitutionen senken. Letztere sind aufgefordert, sich bei der US-amerikanischen Steuerbehörde registrieren zu lassen, die betroffenen Kunden zu identifizieren und über deren Konten Bericht zu erstatten. Bei Nichtkooperation fällt eine Quellensteuer von 30 % an.
IRS 871(m)
Der Abschnitt 871(m) des US-amerikanischen Bundessteuergesetz hat weitreichende Konsequenzen: Anleger, die Derivate und strukturierte Produkte besitzen, deren Basiswerte direkt oder indirekt auf US-amerikanischen Aktien beruhen, unterliegen in gewissen Fällen ebenfalls Steuer- und Reporting-Pflichten.
Einfache Rückforderungen
Die Rede von der Regulierung bringt uns zurück zum Problem der Steuerrückforderung. Viele Anleger bezahlen zu viele Steuern, weil sie den Teil der Quellensteuer aus dem Ausland nicht zurückfordern, der ihnen gemäss Doppelbesteuerungsabkommen zusteht. Das passiert nicht etwa, weil es vergessen geht – was auch vorkommt –, sondern weil als Privatanleger die Rückforderung in vielen Fällen schlicht nicht zu bewerkstelligen ist. «Ein Dauerbrenner sind die italienischen Behörden», sagt Michael Ripken, Head Post Trading bei SIX, «nach wie vor gibt es da Bearbeitungsfristen von bis zu zehn Jahren. Der Tax Reclaim Service von SIX erlaubt nun den Banken, solche komplexen Rückforderungen auch für Privatanleger abzuwickeln.» Michael Ripken gibt ein fiktives Beispiel: «Herr Odermatt, Schweizer Steuerzahler mit Wohnsitz in Luzern, hält ein Wertschriftendepot bei seiner lokalen Bank. Das Portfolio ist breit diversifiziert, mit Fonds, Aktien und Anleihen aus verschiedenen Ländern.»
Die Daten von SIX erleichtern es den Banken, die Anlagegelder ihrer Kunden korrekt zu versteuern und steuerrechtliche Melde- und Reporting-Pflichten zu erfüllen.
Der Tax Reclaim Service von SIX ermöglicht Banken, komplexe Steuerrückforderungen auch für Privatanleger abzuwickeln – und damit deren Rendite zu erhöhen.
TaxCube von SIX soll Banken in Zukunft die Möglichkeit eröffnen, die Steuerkomponente bereits bei der Investitionsberatung ihrer Kunden zu berücksichtigen.
Das Beispiel geht so weiter: Die Bank schickt – mit der Einwilligung von Herrn Odermatt – die Steuerdaten an SIX, die den Betrag evaluiert, den dieser zurückfordern kann. Dann erstellt SIX alle notwendigen Formulare und Dokumente und sendet diese an die lokale Steuerbehörde in Luzern. Sobald diese gestempelt zurückkommen, leitet SIX sie weiter an die ausländischen Steuerbehörden. Trifft schliesslich der Rückforderungsbetrag bei SIX ein, überweist sie ihn an die Bank von Herrn Odermatt. Letztendlich erhält er die zu viel bezahlte Quellensteuer zurück.
«Diese Dienstleistung deckt ein grosses Bedürfnis ab», sagt Valerio Roncone, Head Product Management & Development in der Geschäftseinheit Securities & Exchanges von SIX. Entsprechend positiv sei das Feedback aus dem Markt. «Raiffeisen war der Pilotkunde, doch seit der Markteinführung kamen innert weniger Monate 10 neue Banken hinzu. Weitere haben konkretes Interesse gezeigt. Zurzeit evaluieren wir 40 Banken.»
Viele Banken boten ihren Kunden schon früher Rückforderungsdienstleistungen an. Doch da sie vieles manuell machen mussten, lohnte sich das nur bei grossen Vermögen. Zudem fehlte bisweilen das Know-how, vor allem bei komplexen ausländischen Steuerbestimmungen.
SIX hat mit ihrem Tax Reclaim Service viele Prozessschritte automatisiert. Während die Banken dadurch ihren Aufwand senken, steigern die Privatanleger ihre Rendite. «Wir als SIX haben jedoch keine Beziehung zu Privatanlegern », betont Michael Ripken. «Wir wollen die Banken dabei unterstützen, ihr eigenes Angebot zu verbessern.»
Besser investieren
Noch jünger als der Tax Reclaim Service ist das Projekt TaxCube – es hat eben erst die Pilotphase verlassen, an der drei unterschiedlich grosse Banken beteiligt waren. «Wir wollen den Banken helfen, die Steuerkomponente bereits beim Investmententscheid mit einzubeziehen – im Sinne ihrer Kunden», sagt Janine Hofer- Wittwer, Senior Product Manager in der Geschäftseinheit Financial Information von SIX und Initiantin von TaxCube.
Sie arbeitete früher selbst bei einer Grossbank und erkannte den Bedarf für eine solche Dienstleistung. So gäbe es beispielsweise Staaten, die Dividenden stärker besteuern als Kapitalerträge: «Dort kann eine Aktie, die wenig Gewinn ausschüttet, attraktiver sein, als es auf den ersten Blick aussieht. Wenn der Kurs steigt, hat der resultierende Kapitalgewinn weniger Steuerfolgen.» Ihre Idee speiste sie in den InnoHub ein, das interne Innovationsprogramm von SIX, das für alle Mitarbeitenden offensteht. Jetzt begleitet sie das Projekt bis zur Marktreife.
TaxCube wird ein Data Feed sein, den Banken in ihre Beratung einbauen und mit dem sie sich gegenüber Mitbewerbern differenzieren werden können. «Sie sind in der Lage, ihren Kunden eine Analyse vorzulegen, die die erwartete Performance gesamtheitlich abbildet – der Ertrag nach Steuern sozusagen», erklärt Janine Hofer-Wittwer. Und ist es nicht bei allen Steuerangelegenheiten die wichtigste Frage, was am Ende wirklich übrig bleibt? Trinkgeld hin oder her.
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