ESG-Ratings: Wer macht sie? Wie entstehen sie? Und warum sind sie wichtig?

ESG-Ratings: Wer macht sie? Wie entstehen sie? Und warum sind sie wichtig?

ESG-Ratings sind Bewertungen, die Aufschluss darüber geben, wie nachhaltig Unternehmen agieren. Erfahren Sie in diesem Blog, wie diese Ratings entstehen und welchen Zweck sie erfüllen.

Warum investiert man sein Geld? Ganz einfach, um es zu vermehren. Hinter fast jeder Investition steckt diese Absicht. Jedoch ist die Absicht immer mehr an Bedingungen gekoppelt. Gewinne sind zwar weiterhin der treibende Faktor bei Anlegenden – und werden auch immer ein Hauptziel bleiben. Aber heutzutage wird immer genauer hingeschaut, wie das Geld verdient wird. Gewinnmaximierung? Ja, aber nicht auf Kosten der Umwelt oder ausgebeuteter Mitarbeitender. ESG-Ratings sind entscheidend, wenn man sich ein Bild davon machen will, welche Unternehmen ein «solides» ESG-Profil aufweisen und welche potenziellen ESG-Risiken ein Unternehmen haben könnte. Zudem machen ESG-Ratings die Fortschritte eines Unternehmens im Bereich Nachhaltigkeit mess- und vergleichbar. In diesem Blog werfen wir einen genaueren Blick auf diese ESG-Ratings. Wer erstellt sie? Wie werden sie berechnet? Und warum ist es für Unternehmen entscheidend, dass sie einen guten Score erreichen? 

Was ist ESG?

Um zu verstehen, was ESG-Ratings sind, muss man erst mal wissen, was ESG ist. Das haben wir in diesem Blog bereits in einem ausführlichen Artikel erklärt. Für alle, die keine Zeit oder Lust haben, den ganzen Artikel zu lesen, hier eine kurze Zusammenfassung.

ESG steht für Environmental, Social und Governance. Auf Deutsch bedeutet das so viel wie: Umwelt, Soziales und Unternehmensführung. Das sind Kriterien, anhand derer die nachhaltige und ethische Praxis eines Unternehmens bewertet wird.

«Environmental» bezieht sich bezieht sich darauf, wie ein Unternehmen mit allen natürlichen Ressourcen umgeht. «Social» umfasst die Beziehungen eines Unternehmens zu seinen Stakeholdern, also Mitarbeitenden, Kunden, Lieferanten und zur Gesellschaft im Allgemeinen. «Governance» beschreibt, wie ein Unternehmen geführt und kontrolliert wird. 

Was ist ein ESG-Rating?

Wir halten fest: Umwelt, Soziales und Unternehmensführung sind Kriterien zur Bewertung von Unternehmen. Ein ESG-Rating definiert und quantifiziert diese Aspekte. Dabei misst es die Leistung oder das Risiko eines Unternehmens, entweder über alle drei Bereiche oder Teile davon. Das geschieht meistens in Form von Noten – beispielsweise von CCC bis AAA oder 0 bis 100. Diese Bewertung hilft Investierenden dabei, sich ein Bild vom Unternehmen zu machen. Doch nicht nur Investierende achten auf die ESG-Ratings. Auch im Kontext Business-to-Business (B2B) haben ESG-Ratings heutzutage grosse Bedeutung. Dazu gibt es spezielle ESG-Ratings, die gezielt darauf ausgerichtet sind, dass Unternehmen die Nachhaltigkeit ihrer Lieferanten und Partner feststellen können. 

Wie entsteht ein ESG-Rating?

Eines vorneweg: Der Prozess zur Erstellung eines ESG-Ratings ist nicht einheitlich geregelt und es gibt auch nicht nur eine Rating-Agentur, die alle ESG-Ratings erstellt. Stattdessen konkurrenzieren sich verschiedene Anbieter – alle jeweils mit ihren eigenen Methodologien. Zu den bekanntesten ESG-Rating-Agenturen gehören etwa MSCI, Sustainalytics, S&P Global oder Inrate und RepRisk in der Schweiz. Im B2B-Kontext ist beispielsweise Ecovadis ein entscheidender Akteur. Wenn es ausserdem nur um das E in ESG geht, ist CDP wichtig. Ihr Fokus liegt hauptsächlich auf Klima, Wasser, Wälder und Plastik.

Die unterschiedlichen Ansätze der verschiedenen Agenturen machen es teilweise schwierig, ESG-Ratings miteinander zu vergleichen. Doch der Druck der Regulatoren wächst und die Rating-Agenturen arbeiten stetig daran, ihre Bewertungen transparent zu machen und zu vereinheitlichen, damit sie vergleichbar werden.

Obwohl sich die Methodologien aller Rating-Agenturen im Detail unterscheiden, sind die Arbeitsschritte normalerweise ähnlich. Konkret sind folgende Dinge entscheidend:

  1. Evaluation der Bewertungskriterien
    Zuerst muss die Rating-Agentur definieren, welche Faktoren zur Kalkulation des ESG-Ratings entscheidend sind. Dabei stellen sich folgende Fragen: Welche ESG-Faktoren könnten einen Einfluss auf den Erfolg eines Unternehmens haben? Und welche ESG-Faktoren bergen potenzielle rechtliche, regulatorische so wie die Reputation betreffende Risiken? Diese Faktoren können je nach Branche, Grösse und Standorten eines Unternehmens variieren.  

  2. Datensammlung
    Sind die Kriterien einmal definiert, braucht die Rating-Agentur die entsprechenden Daten. Um diese zu beschaffen, gibt es in der Regel zwei Vorgehensweisen. Entweder beschaffen sich die Rating-Agenturen die entsprechenden Daten über öffentlich verfügbare Informationen, wie zum Beispiel Geschäfts-, Nachhaltigkeits- oder Medienberichte. Oder die zu bewertenden Unternehmen füllen entsprechende Fragebögen aus und reichen diese an die Rating-Agentur ein

  3. Score-System
    Sind alle nötigen Daten vorhanden, kommt die nächste Herausforderung: Die Agenturen müssen die Daten in ein Rating umwandeln. Dafür braucht es ein System zur Bewertung und Gewichtung der jeweiligen Datenpunkte. Auch hier gilt: Andere Rating-Agentur, andere Methodologie. Letztendlich ist die jeweilige Gewichtung der Aspekte sehr individuell und variiert auch wieder von Branche zu Branche.

Interessant dabei ist, dass das Rating meist auf dem Vergleich zu anderen Unternehmen derselben Branche basiert. Das heisst: Ein gutes ESG-Rating bedeutet nicht zwingend, dass ein Unternehmen äusserst nachhaltig wirtschaftet, sondern einfach besser als die Vergleichsgruppe, die die Rating-Agentur definiert.

Warum ist ein gutes ESG-Rating wichtig?

Unternehmen profitieren stark von einem guten ESG-Rating – und das gleich auf mehreren Ebenen. Nachfolgend die wichtigsten Aspekte:

  • Attraktivität für Investierende
    Ein gutes ESG-Rating ist ein Indiz dafür, dass ein Unternehmen über ein solides ESG-Profil verfügt. Anlegende legen heutzutage grossen Wert auf die Nachhaltigkeit ihrer Investitionen. Eine Umfrage der Deutschen Bank ergab, dass 53 % aller Anlegenden den Klimawandel als wichtigsten Faktor bei ihren Investitionsentscheidungen sehen. Zudem sind institutionelle Anleger zunehmend dazu verpflichtet, nachhaltige Anlagen in ihre Investmentstrategien einzubauen. Und: Mit einem besseren ESG-Rating wird man eher in ESG-Indizes aufgenommen, die sich bei Anlegenden immer grösserer Beliebtheit erfreuen.
  • Bessere Konditionen zur Kapitalaufnahme
    Ein gutes ESG-Rating ist gleichbedeutend mit einem geringeren Risiko. Das kann zu besseren Konditionen bei der Kapitalaufnahme führen.

  • Reputation und Kundentreue
    Nicht nur für Anlegende sind ESG-Faktoren zentral, sondern auch für Konsumentinnen und Konsumenten. Auch beim Kauf von Produkten spielt Nachhaltigkeit für Privatpersonen eine immer grössere Rolle.

  • Regulatorische Compliance
    Die Regulatorien im Bereich ESG werden zunehmend strikter. Unternehmen mit einer fundierten ESG-Strategie sind für gegenwärtige und kommende regulatorische Anforderungen besser gerüstet.

  • Anziehung und Bindung von Talenten
    Arbeitnehmende legen vermehrt Wert darauf, bei einem nachhaltigen Unternehmen zu arbeiten. Das gilt besonders für die jüngeren Generationen. Über die Hälfte der Generation Z (55 %) und der Millennials (54 %) informieren sich über die Umweltauswirkungen eines Unternehmens, bevor sie einen Job annehmen. Das sagt eine Studie von Deloitte.

  • Lieferanten und Kundschaft
    Der Druck zu mehr Nachhaltigkeit wird vermehrt auch an die gesamte Wertschöpfungskette weitergegeben.

Nachhaltige Unternehmen werden belohnt

Es gibt auch Kritik zu ESG-Ratings. Verschiedene Rating-Agenturen mit unterschiedlichen Methodologien führen zu einer Divergenz bei den Ergebnissen. Die Kritik ist berechtigt. ESG ist ein vergleichsweise junges Thema und die Praktiken sowie die Regulierungen entwickeln sich stetig weiter. Internationale Organisationen, wie zum Beispiel die International Organization for Standardization (ISO), arbeiten an der Standardisierung und Vergleichbarkeit von ESG-Informationen. Dennoch zeigt sich bereits jetzt: Unternehmen, die nachhaltig wirtschaften, werden langfristig dafür belohnt. Angesichts globaler Herausforderungen wie dem Klimawandel ist nachhaltiges Handeln ein entscheidender Faktor. Dieser Trend wird sich in den kommenden Jahren voraussichtlich noch verstärken, da nachhaltige Geschäftspraktiken zunehmend als integraler Bestandteil eines zukunftsfähigen Wirtschaftssystems betrachtet werden.